Kojoten in dunklen Gassen / Dirk Karl
Die 80er Jahre haben Leo Mahler, Phil Grindlmayer und Thomas „Toto“ Theuerkorn im Kampf gegen die Grausamkeiten der Pubertät sowie in der tiefen Verehrung zum Heavy Metal zu untrennbaren Komplizen zusammengeschmiedet.
Aber nichts ist für die Ewigkeit, das Leben, die Liebe und andere in der Jugend nicht vorhersehbare Kapriolen haben dazu geführt, dass sich ihre Wege getrennt haben. Leo hat Stuttgart vor Jahren verlassen, als Journalist ein umtriebiges Leben geführt und in eine vermögende Familie eingeheiratet. Phil und Toto sind der Stadt treu geblieben, während Toto einen fein sortieren Plattenladen betreibt macht Phil im verwegenen Outfit auf seinem Bonanzarad die City unsicher und steuert substanzenunterstützt auf einen frühen Feierabend zu.
Aber nun ist Leo zurück, sein Höhenflug wurde zu einer Bruchladung und er hadert mit der Situation. Er bemüht sich vergeblich Kontakt zu seiner Tochter aufzunehmen, ebenso erscheint es unwahrscheinlich, dass das einstige metalllastige Dreigestirn wieder zusammenfindet. Silke, eine ehemalige Mitschülerin der drei Metalheads bringt die Reunion von Leo und Phil auf den Weg und die Monsters of Rock zelebrieren standesgemäß mit Getreidesprudel-all you can drink und Vinylexzessen ihr Wiedersehen.
Wenn nun auch noch Toto wieder dabei wäre, wäre es perfekt.
Aber dann schleicht sich der Teufel unerwartet durch einen hochgeklappten Toilettendeckel in ihr Leben – ist es zu spät, um die Fehler der Vergangenheit zu verzeihen?
„Die Musik, die du liebst, sagt alles über dich aus. Ohne eine eigene gefestigte Meinung hast du keinen Charakter, kein Rückgrat.“ (S.83)
So sieht es aus!
Wenn man mit AC/DC, Motörhead, Iron Maidon und Co., dem Metal der 80er etwas anfangen kann, dann sind die Gespräche, die die Protagonisten in dem Buch führen mit vielen Flashbacks verbunden und sorgen beim Lesen für eigene Erinnerungen, sei es vinyl- oder konzertartiger Natur - und natürlich auch ans Erwachsenwerden.
„Musik war ein kostbares Gut, das noch eine gewisse Wertigkeit hatte und nicht überall und jederzeit selbstverständlich zur Verfügung stand.“ (S.36)
Ich erinnere mich noch gut an diese Zeit und waren wir nicht alle
„Headbanger mit Bartflaum auf der Suche nach der Gebrauchsanweisung für das Erwachsenwerden.“ (S.25) ?
Wie in den Büchern des Autors üblich gibt es auch in diesem Roman wieder amtlich schräge Vögel – und einen, der als ihr Vorsitzender angesehen werden kann. Ich war von Anfang an #teamphil und sehe ihn lebhaft vor mir mit dem gelben Bonanzarad, dem Patronengurt und der gewagt kurzen Gerd Müller-Gedächtnis-Hose. Daher nehme ich es ihm auch nur semi-krumm, dass er in Oasis nur „Gehypte Hochvakuumparkas“ (S.183) sieht (was natürlich nicht stimmt).
Wie sich Dirk Karl so einen großartigen Scheiß ausdenkt, ist mir unerklärlich, aber ich feier’ es total und bin wieder einmal von dieser ganz anderen Art zu erzählen aller bestens unterhalten worden und absolut begeistert!
Wieder einmal eine großartige, maximal musiklastige Geschichte von Dirk Karl und ich bin begeistert! Die Freundschaft von Leo, Phil und Toto wird nachvollziehbar erzählt, angereichert ist diese Geschichte mit jeder Menge Musik, so dass der Roman auch ein wunderbarer Soundtrack des Heavy Metals der 80er ist - und wer vielleicht nicht mehr alle Lieder von damals auf dem Schirm hat kann die Trackliste im Anhang als Fahrschein back to the 80s nutzen.
Ganz große Leseempfehlung!
„Es war nicht schick, es war Überzeugung, so wie sie alles voller Überzeugung damals konsequent angegangen sind.“ (S.38)
Dass mit der Überzeugung gilt auch noch heute und darum lege ich euch aus ehrlicher Überzeugung auch die anderen Bücher von Dirk Karl ans Herz:
Black Mustang Squad
White Shark Squad
Klabauternächte
Großartig Geschichten voller Musik, mit weirden Charakteren, schräg und mit hohem Unterhaltungspotential.