Das sind so die Vorstellungen von Friedrich, einem nach Brandenburg gezogenen Wessi. Er wollte „eine neue Region mit anderen Hintergründen kennenlernen“. Und er hatte in diesem Zusammenhang sogar die Theorie, dass "der Ostmensch ihnen eigentlich überlegen sei". Weil er die Wende hinter sich und überlebt hatte. Wenn man aus dem Osten kommt und diesen Schwachsinn liest, dann weiß man, dass er nur von einem West-Menschen zu Papier gebracht worden sein kann.
Und tatsächlich, Dirk von Petersdorff stammt aus dem westdeutschen Norden und lehrt nun als Professor für Literatur in Jena. Vielleicht ist diese Novelle so eine Art Verarbeitung seiner Ost-Erfahrungen. Leider zeigt sie neben literarischen Defiziten auch eine ziemliche Wahrnehmungsschwäche, wohl hervorgerufen durch fehlende Erfahrungen. Man kann ihm das nicht übelnehmen, schließlich kann er nichts dafür. Aber ein wenig Vorsicht wäre vielleicht angebracht gewesen.
Denn der Ost-Mensch hat dem West-Menschen eines voraus: Er kennt beide Systeme. Und natürlich ist er zu Honeckers Zeiten nicht geduckt herumgelaufen. Richtig ist hingegen, dass er viel gemeckert hat. Aber dafür gab es auch genügend Gründe, denn funktioniert hat schließlich nicht viel in der Zone. Und richtig ist auch, dass der klassische Ossi wenig Vertrauen in Staat und Medien besitzt. Alles andere wäre auch komisch, schließlich hat er seine Erfahrungen. Vielleicht denkt der West-Mensch in seiner Verblendung gar, dass so ein Ossi ein prächtiger Untertan wäre, gewissermaßen durch seine Sozialisierung, wie das im westdeutschen Sprachgebrauch so vornehm heißt. Die Komik dabei ist, dass das genaue Gegenteil zutrifft. Der wahre deutsche Untertan lebte im Westen, die Aufmüpfigen kommen aus dem Osten.
Und nun diese Novelle: Friedrich und seine Gattin bereiten ein Abendessen für gewisse Gäste vor. Dabei kommt es zu Ost-West-Dialogen, auf die ich besser nicht eingehe. Sie sind nämlich einfach nur dämlich und spiegeln keineswegs die wirkliche Ost-West-Problematik, die es auch im vierten Jahrzehnt nach der Wende noch gibt. Zum Gelage gesellen sich noch ein paar andere Figuren, die der Autor nur einführt, weil er Probleme diskutieren möchte, die er in seiner Erfahrungswelt für klassisch ostdeutsch hält. Dass das künstlich wirkt, lässt sich nicht vermeiden, weil es eben tatsächlich so ist.
Auch durch diese Novelle zieht sich, wenn auch nicht für jedermann erkennbar, das von Ostdeutschen immer wieder erlebte westdeutsche Überlegenheitsgetue, von dem man nicht recht weiß, womit es eigentlich begründbar sein soll. Der für Westdeutsche nicht nachvollziehbaren Lebenserfahrung Ostdeutscher wird mit Respektlosigkeit begegnet, ob nun offen oder verdeckt wie hier.
Mich hat diese Novelle ratlos zurückgelassen. Was wollte mir ihr Autor eigentlich sagen? Ich weiß es nicht. Und vielleicht weiß er es selbst nicht so recht. Um eine gewisse Gedankentiefe zu erreichen, bräuchte es ein eigenes Erleben. Aber woher soll ein westdeutscher Autor das nehmen? Es ist nur zu menschlich, dass ein Gehirn versucht Erfahrungen anderer in die bereits vorhandenen Schubladen einzuordnen. Das zu ignorieren, führt zu solchen schwachen Texten.
Dirk von Petersdorff
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Neue Rezensionen zu Dirk von Petersdorff
Die Geschichte ist im Jahr 2019 angesiedelt und noch immer scheinen die in der ehemaligen DDR einerseits und in den westdeutschen Bundesländern andererseits geborenen und aufgewachsenen Menschen gespalten zu sein. Diese Botschaft jedenfalls vermittelt der vorliegende als Novelle bezeichnete Roman anhand seiner Romanfiguren. Die aus dem Westen stammenden und seit zehn Jahren in Ostdeutschland lebenden Eheleute Jenny und Friedrich haben einen ostdeutschen Arbeitskollegen nebst Ehefrau sowie die Ex-Freundin des Mannes zum Abendessen eingeladen, das aber völlig aus dem Ruder läuft, vor allem aufgrund der Reden des auf Krawall gebürsteten Rolfs, der die DDR immer noch hochhält. Alkohol, schwüle Sommerhitze und ein aufziehendes Gewitter tun ein Übriges, um die Stimmung anzuheizen. Zuletzt wendet sich die Geschichte zum Skurrilen und Surrealen. Denn mit dem Auftauchen eines syrischen Pizzaboten, eines ehemaligen Sowjetsoldaten und im Manöver befindlichen NATO-Hubschraubers werden neue Themen angesprochen.
Das Buch beschert angenehme Lesestunden.
"Wie schreibe ich ein Gedicht" von Dirk von Petersdorff erschien 2013 im Reclam Verlag.
Inhalt
Das Buch enthält 11 Kapitel. Stück für Stück für der potentielle Lyriker mit der Thematik vertraut gemacht.
Meinung
Struktur
Das Buch ist toll strukturiert, alles ist logisch aufgebaut. Außerdem findet auch Wiederholung statt, beinah zwangsläufig. So taucht bei Gedichtformen wieder die Thematik Kreuzrein/ Paarreim auf. Ist man schon länger raus aus dem Schulbetrieb, so sind das Sachen, die man total vergessen hat und da bin ich dankbar für Wiederholung, da sich so manches am besten festigt.
Übungen
Das Buch enthält insgesamt 50 Übungen. Die Übungen befinden sich nicht am Ende des Buches, sondern, immer da, wenn es gerade passt. Wird z.B. eine Ballade erklärt, liest man plötzlich:"Schreiben Sie doch nun mal selber eine." Und man ist überrascht, was man alles zustande bringt, wenn man nur will...
Das Buch ist gut verständlich geschrieben. Es arbeitet auch mit vielen Beispielen, das finde ich schön.
Am Ende des Buches findet der willige Leser eine Fülle von Literaturhinweisen. Vieles habe ich mir markiert und eine ganze Liste erstellt, was ich noch über Lyrik lesen möchte.
Fazit
Ein tolles Buch für den Einstieg. Die wichtigsten Grundlagen werden erklärt.