Dominique Fortier hat ein sehr poetisches Buch über das Leben der Dichterin Emily Dickinson geschrieben.
Dickinson, die 1830 geboren wurde und von der es nur ein einziges Foto gibt (Slide 2), kaum vorstellbar bei der heutigen Bilderflut - gilt heute als eine der bedeutendsten amerikanischen Dichterinnen.
In kurzen Kapiteln wechselt Fortier zwischen ihrem eigenen Leben, den Beschreibungen ihrer Wohnorte mit Mann und Tochter und ihren Gedanken zu Dickinsons Biographie.
Fortiers Erzählstil hat mich sofort in den Bann gezogen, ich fand es interessant zu lesen, wie Dickinson aufwuchs, in einem strengen Elternhaus, mit Vater, Mutter und den geliebten Geschwistern Austin und Lavinia (Foto 3: Ein Gemälde von Emily und ihren Geschwistern, gemalt von Otis Bullard, ca.1840).
Im Text wird auch ihre große Liebe zu Pflanzen deutlich, ein von ihr angelegtes Herbarium mit 424 verschiedenen Blumen und Pflanzen kann man auch heute noch in der "Houghton Library" der Havard Universität betrachten, in digitalisierter Form (Foto 4).
Fortier vermittelt uns das Bild einer außergewöhnlichen Frau, die sich nichts hat vorschreiben lassen, schon gar nicht von Verlegern, die es vorzog, ihre Texte nicht zu publizieren, wenn sie aufgefordert wurde, die Gedichte zu ändern oder anzupassen. Insgesamt wurden nur 10 ihrer Gedichte zu Lebzeiten veröffentlicht. (Foto 5 zeigt ihr Gedicht "Die Buchreise" von 1873)
Fortier fängt auch ihre "Seltsamheit" ein, dass sie sich zurückzog aus der Öffentlichkeit, nur noch den Garten betrat, dann im Haus blieb, später nur noch im Zimmer, immer ausschließlich weiße Kleider trug, nur noch mit anderen durch einen Türspalt oder eine Zimmerwand sprach - schließlich ihr Zimmer nicht mehr verließ, bis sie 55jährig starb.
Diese selbstgewählte Isolation der Emily Dickinson ist laut Fortier nicht so richtig zu erklären, es gibt kein einschneidendes, lebensveränderndes Trauma oder einen Bruch (soweit man weiß), vielleicht ist ihr Leben deshalb so wenig fassbar und doch schafft es die Autorin mit ihrer besonderen Sprache, den Lesenden eine Ahnung davon zu vermitteln, was für ein besonderer Mensch, die Dichterin Emily Dickinson gewesen sein könnte.
Es ist das Portrait einer Frau, die bürgerliche Konventionen ablehnte und zwischen ihren Büchern aus Papier lebte, so, wie sie es sich schon als junges Mädchen gewünscht hatte.
Große Leseempfehlung!
#namethetranslator Aus dem Französischen von Bettina Bach.