Dominique Görlitz

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Cover des Buches Das Cheops-Projekt (ISBN: 9783864452307)
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Rezension zu "Das Cheops-Projekt" von Dominique Görlitz

Dr_M
Eine interessante Hypothese, viele Fragen und ein archäologischer Skandal

Als die beiden Autoren im April 2013 mit einer Genehmigung für einen privaten Besuch die Königskammer in der Cheops-Pyramide betraten, hatten sie ein klares Ziel: Sie wollten schwarze Verfärbungen, die sich an den 9 gewaltigen Deckenbalken aus Granit immer an der gleichen Stelle befanden, untersuchen. Das taten sie dann auch und entnahmen "minimalinvasiv" Proben dieser Verfärbung.

Allerdings geht aus ihrer Besuchsgenehmigung nicht hervor, dass sie das auch durften. Später wurden sie dann der Beschädigung der etwas von ihrer Beprobung entfernten sogenannten Königskartusche beschuldigt, woraus sich ein heftiger Skandal entwickelte, der möglicherweise innerägyptische Ursachen besitzt, jedoch in einem noch gültigen internationalen Haftbefehl gegen die beiden Autoren gipfelte. Ein großer Teil des Textes befasst sich dann auch mit der Sicht der Autoren auf diese Beschuldigungen. Glaubt man ihnen, dann existiert Video-Material, das die ihnen zur Last gelegten Schäden auf ein viel früheres Datum fixieren. Folglich können sie nicht von ihnen verursacht worden sein.

Der eigentlich interessante Inhalt dieses Buches besteht jedoch in einer Hypothese, die sich aus den Untersuchungen der Proben entwickelte. Diese enthalten nämlich Magnetit, was daraufhin deutet, dass an diesen an diesen Stellen ein intensiver Kontakt mit Eisen bestanden haben muss. Eine Eisennutzung gab jedoch nach der Sicht der akademischen Archäologie im Ägypten zur Zeit der Erbauung der Pyramide nicht. Die Autoren gehen dann einen Schritt weiter und behaupten, dass es sich bei diesen Ablagerungen um die Spuren von Halteklammern aus Eisen handelt, die zur Hochheblung der tonnenschweren Granitblöcke von Stufe zu Stufe auf den Pyramidenstumpf bis zum Ort ihrer endgültigen Verwendung benutzt wurden. Wie das geschehen sein soll, legen sie ausführlich in ihrem Buch dar. Sie überprüften ihre Theorie zusätzlich mit einem analogen Experiment, das bestätigend wirkte.

Die Hypothese der Autoren ist nicht nur sehr interessant, sondern sie führt auch zum Ausschluss der sogenannten Rampentheorie, die in der akademischen Archäologie zur Erklärung der Bautechnologie dieser Pyramide benutzt wird. Am Ende ihres Textes schließen die Autoren mit ihrer Theorie zusätzlich aus, dass die Cheops-Pyramide mit Hilfe außerirdischer Technologien erbaut wurde. Das ist nicht ganz schlüssig und dient wohl eher dazu, ihre sowieso schon erheblich beschädigte Reputation nicht noch zusätzlich zu belasten.

Die Archäologie, ob nun akademisch oder anders organisiert, steht immer vor einem Erklärungsproblem. Nur in seltenen Fällen beweisen Funde etwas tatsächlich. Vielmehr liefern sie lediglich Anhaltspunkte für gewisse Theorien. Solche Theorien wiederum lassen sich kaum beweisen, sondern nur widerlegen. Insofern ist auch die Theorie der Autoren nur eine Vermutung, die sich nur beweisen lassen würde, wenn man diese Klammern selbst und/oder Aufzeichnungen über ihre Existenz und ihren Zweck finden würde.

In diesem Buch stehen jedoch auch Dinge, die nachdenlich stimmen und Zweifel aufkommen lassen, denn die Theorie der Autoren deckt nur einen Teil des gesamten technologischen Prozesses ab, der mit der Gewinnung der riesigen Blöcke beginnt. Auf einem Bild sieht man gewaltige Granitblöcke im Taltempel der Chephren-Pyramide, die dokumentieren sollen, dass die Ägypter in der 4. Dynastie über eine "fast verlustfreie und fugenübergreifende Trenn- und Transporttechnik" für solche gewaltigen Granitblöcke verfügten. Diese Technologien sind bis heute unerklärlich und nicht nachvollziehbar: "Diese Blöcke wurden fast verlustfrei an Material in Assuan durchtrennt, ohne geringste Beschädigung durch Ägypten transportiert und schließlich wieder exakt übereinandergesetzt. " ... Eine "solche Bearbeitung (ist) mit den gegenwärtigen Techniken nicht möglich. Die Präzision der altägyptischen Trennverfahren übersteigt die der heutigen um ein Vielfaches. Bemerkenswert ist, dass die Trennlinie nicht ganz gerade, sondern leicht wellig verläuft. Wie haben die ägyptischen Steinmetze dieses Werk vollbracht?"

Gegen diese Frage verblasst die Theorie der Autoren etwas, was natürlich ihre Arbeit nicht schmälert. Wenn man jedoch Hypothesen zum Bau der Cheops-Pyramide verfasst, dann sollte man diesen eigentlich interessanten Aspekt nicht außer Acht lassen, denn mit Hammer und Meißel werden solche Trennungen wohl kaum gelungen sein. Desweiteren schreiben die Autoren, dass die Blöcke durch Ägypten verlustfrei transportiert sein worden müssen, denn sonst klappt das spätere Zusammenfügen nicht mehr. Dazu sollen unter anderem Baumstämme benutzt worden sein, was dann unter dem Gesichtspunkt der Verlustfreiheit schon Bedenken aufkommen lässt.

Mit ihrer tatsächlich interessanten Hypothese und dem Nachweis der Existenz von großen Eisenwerkzeugen haben die Autoren nicht nur einen bedeutenden Beitrag zum möglichen Verständnis der Technologien in der Zeit der 4. Dynastie geleistet, sondern auch auf viel entscheidendere Fragen hingewiesen, die völlig ungeklärt zu sein scheinen. Leider gehen sie darauf am Ende nur kurz ein. Noch kürzer sind ihre Hinweise auf den Verlust dieses Wissens, denn spätere Bauten zeigen eine bedeutend rückständigere Bautechnologie. Immerhin muss man den Mut und wohl auch die Naivität der Autoren bewundern, wenngleich insbesondere der Mut nicht ganz gereicht hat, um ihre Hypothese in den Gesamtzusammenhang der Techologie zum Bau der Cheops-Pyramide einzuordnen. Aus ihrer Sicht kann man das allerdings auch verstehen.

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