Fulminanter Bildband mit intensiven Eindrücken
Es ist wahrhaft eine „Schöpfung“ (Genesis), was den Weg von der Idee bis zur ersten Aufführung eines Opernwerks angeht. Ein Weg, der nicht unbedingt am Tresen einer Bar beginnt, wie es das erste Bild dieses fulminanten Bildbandes dem Leer mit auf den Weg gibt.
Aber die fotografische Qualität dieses Bildes und die darin spürbar eingefangene Atmosphäre von Aufbruch, Nachdenken, zunächst leger im Gespräch sein, die Augen schweifen lassen, sich wieder dann fokussieren können, diese Atmosphäre trifft das erste Bild auf den Punkt und eröffnet so bereits einen gangbaren, einladenden, stimmungsvollen Eingang in die Welt der Operninszenierung. In diesem Fall „Don Pasquale“ an der Wiener Staatsoper.
Wobei der wohl „eigentliche“ Beginn des Projektes einige Seiten später im Bild erscheint, die jährliche Pressekonferenz, auf der der Spielplan mitsamt der Premieren der kommenden Spielzeit vorgestellt wird.
Von diesen Anfängen ausgehend dokumentieren die Autoren minutiös in meist großformatigen Bildern (mit je kurzem, prägnanten, erläuterndem Text) den Gang der Arbeit an der Oper und deren Aufführung.
Von ersten Zeichnungen für Kostüme, Bühnenaufbau und Raumaufteilung über die einzelnen Beteiligten mit Blick in deren Büros, über die Schneiderei mit der Vielfalt an Stoffen und Garnen, immer sichtbar im Hinterkopf die Frage, wie kleine Details auf der „großen Bühne“ in den noch wesentlich größeren Zuschauerraum hinein wirken können, bis hin zum ersten Betreten der Bühne, das „sich stellen“, versuchen, einen Eindruck gewinnen, noch „ganz in zivil“, schon die ersten Stationen der Entstehung der Aufführung nehmen den Betrachter durch die Bilder ganz mit hinein in diese Atmosphäre von Konzentration, Aufregung, beginnender Hektik oder auch ruhigen Nachsinnens.
Feste Mitglieder des Ensembles wie der Tenor Wolfram Derntl erhalten dabei ihren Platz ebenso, wie die Gastmusiker.
Zur Ruhe kommt das Auge nach diesem ersten Eröffnungsteil des Bandes, in dem auf gut 30 Textseiten der Weg einer Opernpremiere von der Idee bis zur Umsetzung Schritt für Schritt die Entstehung einer solchen Produktion nachvollzieht.
Bis dann die Proben in gestochen scharfen Bildern beginnen, der Bau der Bühne vor den Augen des Lesers Gestalt annimmt, die „laute, schrille Farbfamilie“ des Bühnenbildes in ganzer Pracht doppelseitig das erste Mal zu sehen ist.
Bis hin dann zur Einführungsmatinee in ganz schlichtem Gewand, bis hin zur Aufführung, wo die Bar des Beginns noch eine unerwartete Rolle spielen wird.
Beim rauschenden Applaus beginnt sich, wie bei der Aufführung selbst, auch der Bildband dem Ende entgegen zu neigen mit einem letzten Bild entspannter, glücklicher Gesichter auf der Premierenfeier.
Ein wunderbarer Bildband, nicht nur für Opernfreunde, sondern für jeden, der einen detaillierten und Aussagekräftigen Blick „hinter die Kulissen“ werfen möchte, voll mit Bildern, die nicht nur Situationen, sondern vielfach auch Stimmungen mit einfangen.
Dominique Meyer
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GESAMTKUNSTWERK: Wiener Staatsoper [Backstage]
GENESIS
ON STAGE
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Ein ästhetischer, informativer und künstlerischer Einblick in die Welt der Kostümbildner
„Ein Kostüm ist viel mehr als ein Gegenstand mit rein formalem Auftrag. Es ist ein dramaturgisches Element, ein an den Zuschauer gerichtetes Zeichen, um eine Person, eine Situation, eine theatralische Interpretation zu charakterisieren“.
Kostüme sind Teil der Kunst, der Aufführung, wie ein Bühnenbild, wie andere Elemente der Darstellung. Mit der innewohnenden Aufgabe, das Gemeinte, Gesagte, die Person zu transportieren, ohne dies zu hindern, zu Unterstützen, ohne selber zu sehr in den Vordergrund zu rücken. So kann man wahrlich die Idee, die Gestaltung und die Erstellung von Kostümen als Teil der darstellenden Kunst betrachten. Zwischen herzustellendem Schein und praktischem Sein, denn, neben dem Ausdruck, den das Kostüm vermitteln soll, ist es ja auch ein Arbeitsmittel, das benutzbar bleiben muss.
In diesem wunderbar fotografierten und breit angelegten Bildband setzt Lois Lammerhuber eine überzeugende Hommage an die „Kostümarbeiter“ (Kostümbildner und Techniker“ der Wiener Staatsoper.
Beeindruckende Fotografien, die auf und hinter die Bühne führen, die einzelne Masken genauso in ein faszinierendes Licht zu rücken verstehen, wie die Hände mit den Bleistiften auf dem papierübersäten Schreitisch. Das konzentrierte Nähen mit der Hand wird ebenso spürbar bildlich transportiert wie die vielfachen technischen Fertigkeiten und Dienste, die es braucht, einzelne Teile von Kostümen mit vielerlei Arten von Handwerk zusammen zu fügen.
Wunderbar gelungen zu sehen auch an einem Teilausschnitt einer Tannhäuser-Uniform, auf welchem die filigrane Arbeit genau zu erkennen ist.
Nachdem am Anfang des Bandes einige herausragende und beispielhafte Kostüm und Masken in „Szene“ gesetzt werden, zeigt der dann folgende Hauptteil des Buches wie begleitend den Weg in der „Kreation und Produktion“, von Ideen, Besprechungen, Überlegungen bis dann zur Umsetzung bis ins Kleinste hinein folgt Lois Lammerhuber den Abläufen der Kostümbildner chronologisch und mit seinem bekannten Blick für das Detail und den treffenden Bildausschnitt. Wie filigran Kopfschmuck entsteht, wie chaotisch das zunächst oft aussieht, mit wie viel Formen, Netzen, Holz, Leder gearbeitet wird.
Und immer wieder die „einfache“ Hand. Beim Schuhe herrichten, beim Nähen. Die Schneiderei, die Modisten, die Schumacher, die Malerei, die Anprobe, Aufnahmen aus dem Sologang und dann, man kann sagen, zum krönenden Abschluss, die Bühnenprobe in dann fertig gestellter, ganzer Pracht. Das sind die Stationen, die das Buch mit der Kamera Schritt für Schritt hinter den Kulissen bis auf die Bühne ablichtet.
Hervorragend bebildert und im Ablauf nachvollziehbar zusammengestellt, bietet das Buch einen genussvollen Gang durch die Arbeit an und mit Kostümen.
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