Rezension zu "Knockemstiff" von Donald Ray Pollock
Knockemstiff in Ohio ist ein Kaff im Mittleren Westen der USA und ein Sammelsurium verlorener Seelen, die zwischen dem Wunsch nach Veränderung in einem trostlosen Moloch der Hoffnungslosigkeit versinken.
„Knockemstiff“ ist das Debüt von Donald Ray Pollock, der sich daraufhin mit „Das Handwerk des Teufels“ einen Namen machte. In seinem Erstling beschreibt er die Schicksale von Außenseitern, die ineinanderfließen, auseinanderdriften und allein von einer sanften Brise über den Rand gedrängt werden.
Der Autor lädt Leserinnen und Leser nach Knockemstiff in Ohio ein. Es handelt sich dabei um einen Ort im Mittleren Westen der USA, wo sich der berüchtigte Fuchs und die berühmte Henne „Gute Nacht“ sagen. In Knockemstiff ist der Fuchs allerdings ordentlich zugedröhnt und hält das Drogenbesteck in der Hand, während die Henne schamlos rülpst und unter ihren verlotterten Federn eine Bierflasche verschwinden lässt.
Hier ist es dreckig, es ist versifft. Staub wird aufgewirbelt, worin sich schmierige Gestalten verstecken und im Dreck am Boden wälzen. In Knockemstiff ist die Hoffnung längst gestorben und der Weg zur Hölle ist gebahnt.
Bei diesem Werk handelt es sich um keinen Roman, sondern eher um Kurzgeschichten, die manchmal ineinander gehen. Jeder Geschichte liegt eine Figur zugrunde, welche in der Tristesse ihres Daseins gefangen ist. Pollock nimmt hiermit den sogenannten Whitetrash unter die Lupe. Es handelt von Sucht, Gewalt, Inzest, geistige Verwirrung und die Hoffnungslosigkeit, mit der die Charaktere ihrer Situation ausgesetzt sind.
Pollock schreibt mit einer Wucht, die wie die Faust in den Magen schlägt. Er beschönigt und verschnörkelt nicht, er setzt an, wo es weh tut, und zeigt den Leser:innen, dass der Bodensatz der Gesellschaft von vornherein keine Chance auf ein würdiges Leben hat.
Gleichermaßen hebt er mahnend den Zeigefinger, und verdeutlicht, dass man selbst auf einem guten Weg durch einen falschen Schritt im Abgrund landet, aus dem es kein Entkommen gibt.
Pollock urteilt nicht und überlässt es den Leser:innen ihre Schlüsse zu ziehen. Für mich ist „Knockemstiff“ ein Gemälde sozialer Verwahrlosung und Verrohung, welche sich durch den Sumpf der amerikanischen Gesellschaft ziehen. Das Kaff steht meiner Meinung als Appell an die Menschlichkeit, dass man keinesfalls über Existenzen urteilen darf, weil sie häufig niemals die Chance auf das Streben nach Glück hatten.
Erneut hat mir Donald Ray Pollock ins Gewissen geredet, meine Seele aufgewühlt und mein Weltbild durch den Schmutz gezogen. Meiner Meinung nach ist es ein äußerst düsteres, brutales und grausames Werk, das vor Dreck steht und sicherlich für zarte Gemüter ungeeignet ist. Wem vor den nach Jauche stinkenden Seiten nicht graust, dem lege ich dieses Werk nahe.