Cover des Buches Wir sehen uns am Meer (ISBN: 9783462048612)
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Rezension zu Wir sehen uns am Meer von Dorit Rabinyan

Liebe, die nicht sein darf

von krimielse vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Bildgewaltige, konfliktbehaftete und traurige Liebesgeschichte einer Jüdin und eines Palästinensers

Rezension

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krimielsevor 8 Jahren
In dieser dichten, bildgewaltigen und traurigen Liebesgeschichte erzählt die Autorin Dorit Rabinyan von der unmöglichen Liebe einer Jüdin und eines Palästinensers fernab von der Heimat. Klappentext In der Heimat hätten sie sich nie kennengelernt, aber durch einen Zufall treffen die Tel Aviverin Liat und der Maler Chilmi aus Ramallah in New York aufeinander und verlieben sich. Liat kämpft mit sich, denn weder ihre Eltern noch ihre jüdischen New Yorker Freunde dürfen von der Beziehung erfahren, die ein klares Enddatum hat: Wenn Liat zurück nach Israel geht, ist Schluss. Doch Gefühle lassen sich nicht einfach abstellen, und die Herkunft der beiden sowie die Perspektivlosigkeit belasten ihre Gegenwart - eine Zukunft scheint unmöglich. Gibt es einen Ausweg, ist das private Glück vor dem Hintergrund des Konflikts der beiden Völker unmöglich? Ein Roman, der mit großer Wucht und in einer bildreichen, emotionalen Sprache von einer unmöglichen Liebe erzählt. Das Buch wurde von der israelischen Erziehungsministerin von der Lektürenliste der Oberstufe gestrichen, was auch in Deutschland ein starkes Presseecho hervorrief. Der Konflikt der beiden Völker bleibt zu Beginn der Beziehung außen vor, wichtig ist nicht die Herkunft sondern der Wunsch nach Liebe und Nähe. Doch Liat schafft es nicht, unabhängig von ihrer Volksgruppe zu Chilmi zu stehen, der Hass zwischen den beiden Völkern strömt schnell in die Beziehung ein und belastet sie durch festgelegte und eingefahrene Frontlinien. Die Protagonisten schaffen es letztlich beide nicht, sich unabhängig von ihrer Volksgruppe und von einer Krise, die sie beide nicht verursacht haben, zu lieben, zu respektieren, zu akzeptieren. Das, was anfangs funktionierte, verkompliziert sich nach ein paar Wochen aufgrund der Verhärtung von Fronten bei Diskussionen - der Streit um Politik steht immer als Stolperfalle im Weg - weil sowohl Liat als auch Chilmi ihren Liebsten nicht unvoreingenommen und unkompliziert zu Einladungen ihrer jeweiligen New Yorker Freunde mitnehmen wollen oder können und weil für Liat das Rückreisedatum nach Israel als Ende der Beziehung unverrückbar feststeht. Zudem verleugnet Liat ihren Liebsten vor ihrer Familie, Chilmi hingegen spricht mit seiner Mutter ganz offen über seine jüdische Freundin. Da nützt es auch nichts, dass Chilmi seiner Liebsten folgt, um ihr wenigstens geografisch nahe zu sein. In der Heimat sind beide vielmehr wie die Königskinder, die sich nahe sind, sich aber nicht erreichen können. Die Sprache der Autorin ist sehr poetisch, sinnlich, bildhaft und durchsetzt von einer immer währenden Melancholie, die auch in glücklichen Augenblicken des Paares durchzuschimmern scheint. Als Leser erlebt man die anfangs große Liebe ebenso intensiv wie die Sehnsucht nach der Sonne, nach der Wüste und vor allem nach dem titelgebendem Meer, das die Unerreichbarkeit für Chilmi, der noch nie am Meer gewesen ist, symbolisiert, zum anderen Überfluss und Glück verspricht. Das Buch thematisiert durch die Liebesgeschichte die Sichtweisen des Konfliktes zwischen Juden und Palästinensern auf sehr kluge Weise. Die Autorin setzt sich mit der Täter-Opfer-Rolle der Beteiligten auseinander, beleuchtet Argumente, spielt mit Trauer, Stolz und der Unfähigkeit der Vergebung und des Vergessens, ohne zu werten. Das Konzept geht gut auf und lässt mich als Leser sehr nachdenklich zurück. Dorit Rabinyan wurde als Tochter einer israelisch-jüdischen Familie in Israel geboren. Ihre beiden Romane "Unsere Hochzeiten" und "Die Mandelbaumgasse" waren Bestseller und wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Dieser dritte Roman wurde ebenfalls in Israel ein Bestseller und erscheint in zahlreichen Ländern. Er wurde mit dem wichtigen Bernstein-Preis ausgezeichnet
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