Rezension
Wenn man von Shakespeare absieht, ist das Thema eineiige Zwillinge in der Literatur sehr selten. "Wir hätten schon die ganze Zeit eine Person sein sollen", sagt Cassandra, eine der beiden Schwestern.
Anlässlich der baldigen Hochzeit ihrer Zwillingsschwester trifft sie auf der Ranch ihrer Familie ein. Doch ein Leben ohne ihre Schwester ist für sie unvorstellbar und der Konflikt zwischen einer verliebten Braut und einer Brautjungfer, der der Zukünftige instinktiv zuwider ist, gerät zu eskalieren.Über diesem Konflikt und der Frage, wie das Hochzeitsvorhaben endet (nicht so wie man meinen könnte!), versucht die 24-jährige den Sinn ihres Lebens zu ergründen. Hin- und hergerissen zwischen der inneren Ablehnung (zu schreiben, zu lieben), aufgewachsen in einer exklusiven Welt mit Pool, Hausmädchen, Granny, einem intellektuellen Vater, der sich selbst genügt, einer Mutter, die als berühmte Schriftstellerin verstarb, und der Liebe zu ihrer Zwillingsschwester Judith, ist sie eine Suchende, die sich selbst und ihren Platz in der Gesellschaft noch nicht gefunden hat. Auch ihre familiären Strukturen haben mit denen da draußen nichts gemein.
Zwei Schwestern ist ein zeitloser (verfilmungswürdiger) Klassiker, der auf seine Art besonders ist. Dialoge, Gedanken, Beschreibungen, Handlungen sind brilliant geschildert, das erzählerische Ich zeitweise ein wenig hochmütig, aber originell.
Dorothy Baker schrieb "Zwei Schwestern" 1962. 2004 wurde der Roman von der NYBR wiederentdeckt und 2015 neu ins Deutsche übersetzt (dtv).