Cover des Buches Eleanor Rigby (ISBN: 9783455400076)
Dilbertines avatar
Rezension zu Eleanor Rigby von Douglas Coupland

Rezension zu "Eleanor Rigby" von Douglas Coupland

von Dilbertine vor 13 Jahren

Rezension

Dilbertines avatar
Dilbertinevor 13 Jahren
Groteskes Gegenwartsmärchen über das Erwachen aus der Einsamkeit ****************** „Einsamkeit ist eine Gefängniszelle, die sich nur von innen öffnen lässt.“ Alfredo La Mont ****************** Liz Dunn, 36 Jahre alt, scheinbar unsichtbar, leidet wie viele Menschen in unserer Zeit, unter sozialer Einsamkeit. Sie hockt in ihrer persönlichen Gefängniszelle mit Ausblick auf die Höchststrafe von mindestens drei weiteren Jahrzehnten, die sie „isoliert“ auf der Erde verbringen muss. Fast scheint es so, als befände sie sich im Hochsicherheitstrakt, aus dem ein Ausbruch als absolut aussichtslos gilt, so dass sie den Versuch gar nicht erst in Erwägung zieht. Sie hat ihr Leben so arrangiert, dass sie es vergessen kann, bevor es überhaupt stattfindet. Schmerzliche und unangenehme Aspekte ihrer unausgefüllten Tage sortiert sie durch ein feines imaginäres Sieb aus. Süßigkeiten und Liebesfilme dienen als Trostspender und Kompensatoren ihrer selbst auferlegten Einzelhaft und Sinnleere. ******************* „Wie sehr ich mich auch bemüht habe, mein Leben zu meistern – oder wie gut mir das manchmal zu gelingen schien-, das Gefühl der Einsamkeit war doch immer die übermächtige Stimmung, die alles prägte und beeinträchtigt.“ ******************* Die radikale Veränderung ihres Lebens beginnt mit der Sichtung des Kometen Hale-Bopp im Jahre 1997. Alles was sie im Anschluss in Tagebuchform und in drei Zeitebenen erzählt, ist abstrus und grotesk. Ein Serienmörder, ihr erst- und einmaliges sexuelles Erlebnis, an das sie sich nicht erinnern kann - dessen „Folgen“ sie aber nach 20 Jahren endlich persönlich kennenlernt, das Rückwärtssingen und andere geheim gehaltene Fähigkeiten, die Altersforschung, eine unheilbare Krankheit, der Tod, radioaktiver Müll einer sowjetischen Raumstation, die Lahmlegung des Frankfurter Flughafens, eine Reise nach Europa, der Verlust und die Wiederbelebung einer Erinnerung, Geheimnisse – die eigentlich keine sind, Visionen, Weltuntergangsstimmung und Biblisches (darauf kann der Autor wohl nicht verzichten) spielen dabei eine Rolle. **************************** Wer also genau wissen will, wie Liz sich aus ihrer Gefängniszelle befreit, ihre sozialen Hemmnisse ablegt, um letztendlich aus ihrer Einsamkeit zu erwachen, muss bereit sein, sich auf eine überzogene, irrwitzige und etwas überfrachtete Kombination und Konstruktion von Begebenheiten einzulassen. Blendet der Leser diese Elemente aus, bleibt im Kern eine warmherzige und überaus witzige Alltagsgeschichte einer liebenswerten und sympathischen Protagonistin, die unter dem gesellschaftlichen Phänomen der Einsamkeit leidet und ihren persönlichen Unzulänglichkeiten mit einem unvergleichbaren selbstironischen und grimmigen Witz zu Leibe rückt. Das Ende vom "Lied" ist nicht ganz so traurig, wie das gleichnamige der Beatles. Der Autor hat die schicksalshafte Geschichte der Liz Dunn, wie in den meisten Märchen üblich, mit einem hoffnungsvollen und fast kitschigen Happy-End ausgestattet. Allen Lesern die auf Realitätsbezug und Logik nicht verzichten können, rate ich vom Konsum dieser Lektüre dringend ab. Ich mag solche verrückten Geschichten und deswegen gibt es von mir, trotz Inflation unlogischer Abstrusitäten, vier Sterne.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks