Rezension zu "Kampf-Hypnose" von Dr. Eno Forcer
Wenn man sich die Aufmachung dieses Buches ansieht, dann schwant einem nichts Gutes, besitzt man auch nur ein wenig Erfahrung mit realistischen Bedrohungssituationen. "Lassen Sie sich nichts gefallen!", steht im Untertitel. Und: "Warum David immer gegen Goliath gewinnen wird!". Immer? Und was heißt eigentlich "gewinnen" in diesem Zusammenhang? Im Text selbst äußert sich der Autor dann wesentlich moderater. Gewinnen bedeutet immer, dass man nicht in einen Kampf verwickelt wird, denn wenn das nicht gelingt, hat man als Frau (und das ist die eigentliche Zielgruppe für dieses Buch) nur noch geringe Chancen, sollte man nicht über Kampfkunsterfahrungen verfügen. Dabei geht es nicht nur um sichere Techniken, sondern vor allem darum, keine Hemmungen mehr zu haben, dem Angreifer richtig weh zu tun. Ohne um den heißen Brei herumzureden bedeutet dies: Eine Frau muss einem Mann in die Augen stechen, in die Hoden treten oder den Mittelfußknochen mit einem gezielten Tritt brechen können. Diese Schmerzen und Verletzungen ermöglichen eine Flucht.
Wenn man in eine akute Bedrohungssituation gerät, die noch nicht eskaliert ist, dann können die vom Autor vorgeschlagenen Deeskalationstechniken durchaus helfen, weil sie mit durchaus ungewöhnlichen Tricks eine solche Lage entschärfen können. Ganz anders verhält es sich bei überraschenden Angriffen, etwa wenn eine Frau plötzlich überfallen wird. In der Regel fackeln Vergewaltiger nicht lange, denn sie müssen ihr Opfer möglichst blitzartig ruhig stellen. In einer solchen Situation nützen einer Frau die im Buch vorgestellten Methoden nichts mehr. Das stellt auch der Autor nicht in Abrede. Vielmehr betont er völlig richtig, dass man dann nicht aufgeben (wie neuerdings oft empfohlen wird), sondern kämpfen sollte, weil eine Vergewaltigung meistens mit einem Mord endet. Man hat also nichts mehr zu verlieren. Wenn man als Frau darauf mental und körperlich nicht vorbereitet ist, stehen die Chancen nicht gut.
Es wäre ehrlich gewesen, wenn der Autor auch zugegeben hätte, dass dieses Buch allein auch nicht hilft. Man sollte es vielmehr als einen Köder für die Kurse des Autors betrachten. Oder als Nachbereitung für seine Kursteilnehmer. Daran ist überhaupt nichts Schlechtes, aber wissen sollte man es schon. Unabdingbare Grundvoraussetzung für die Anwendung der in diesem Buch empfohlenen Techniken ist eine nachhaltige Sicherheit bei ihrer Beherrschung. So etwas lernt man nur durch ein hinreichend langes und realistisches Training. Zu glauben, man könne dieses Buch lesen, die Tricks einige Male mit Bekannten üben und wäre dann vorbereitet, ist naiv. Ein selbstsicheres Auftreten in einer Bedrohungssituation kann man nur durch ein Training erreichen, das Sicherheit im Umgang mit all den Tricks und Techniken gibt, die der Autor vorschlägt. Aber selbst dann stellt sich eine reale Bedrohungssituation immer noch völlig anders dar als ein Training, bei dem man sicher weiß, dass nichts Schlimmes passieren wird.
Die erste Hälfte des Textes ist übrigens allein der Hypnose gewidmet, erst dann folgen Empfehlungen und Tricks für Bedrohungssituationen. Auch in dieser ersten Hälfte gilt: Nur durch intensives Üben kann man die Sicherheit erlangen, die man wirklich braucht. Schließlich hat auch der Autor seine Techniken nicht aus Büchern, sondern von Leuten ganz praktisch erlernt, die eine gewisse Meisterschaft in ihnen bereits nachweisen konnten.
Also kurz gesagt: Das Buch ist nicht schlecht, wenn man es als Empfehlung für das Erlernen der vorgestellten Techniken ansieht, jedoch nicht als alleinige Quelle dafür. Eine belastbare Praxis lernt man nicht aus Büchern.