Eigentlich muss man davon ausgehen, dass der Autor etwas von Psychologie verstehen sollte. Dennoch hat er ein Akronym als Titel gewählt, das erstens negativ besetzt ist und zweitens krampfhaft versucht irgendwelche Begriffe zu finden, nur damit es entsteht. Das ist etwas verwunderlich. Die drei Haufen auf dem Cover machen es auch nicht besser. Erst der Untertitel erklärt leidlich, worum es eigentlich geht.
Sowohl im Privaten als auch im Beruflichen treffen wir Menschen, die uns stressen. Für den Autor ist Stress ein gefühlter oder echter Kontrollverlust. Oft entsteht er, wenn man unter der verbalen Gürtellinie öffentlich, etwa in einem Meeting, angegriffen wird. Dann kommt es darauf an, wie man reagiert. Viel Zeit bleibt nicht. Und wenn man nicht auf solche Angriffe trainiert ist, fährt man gewöhnlich in einer solchen Stresssituation einem ähnlichen Gegenangriff. Dann sitzt man in der Falle, denn gewöhnlich beginnt sich die Auseinandersetzung danach hochzuschaukeln. Schlimmstenfalls entstehen damit erhebliche und schwer zu regulierende Konflikte.
Das Grundanliegen dieses praxisnah angelegten Buches ist es, eine solche Entwicklung in den Anfängen zu verhindern und ins Gegenteil zu verkehren. Zwar wird hier mit "Neurowissenschaften und Komplexitätstheorie" angegeben, doch tatsächlich handelt es sich um uralte Methoden, die ich beispielsweise aus den asiatischen Kampfkünsten und der hinter ihnen stehenden Philosophie kenne.
Wer sich provozieren lässt, wer also emotional wird, hat bereits verloren, denn damit steigt der Kontrollverlust, den der Autor als den eigentlichen Stress definiert, erst recht an. Es wird auch nicht helfen dieses durchaus hilfreiche Buch nur zu lesen und zu verstehen. Unsere unbewusst antrainierten Verhaltensmuster sind tief in uns verankert. Um sie aufzuheben und durch andere zu ersetzen, muss man sie zunächst einmal verstehen lernen und dann im zweiten Schritt durch ein gezieltes Training ersetzen. Es wird nicht reichen, das nur theoretisch zu versuchen, weil man im Ernstfall sehr schnell in die alten Muster zurückfallen wird. Wie in der physischen Auseinandersetzung muss man auch bei einem sich anbahnenden verbalen Konflikt die Reaktionen vorher bereits automatisiert haben, um sie dann auch stressfrei abrufen zu können.
Die einfachste Methode zu siegen, ist, nicht kämpfen zu müssen. Man darf sich nicht auf das vom Angreifer "vorgeschlagene" Gebiet begeben, sondern muss ihn auskontern, muss seine Energie für sich nutzen. Meistens arbeiten unangenehme verbale Angriffe mit unbelegten bis bösartigen Behauptungen. Der Autor schlägt in solchen Fällen vor, statt sich auf das Niveau des Angreifers zu begeben, ihn zu zwingen, sich zu erklären. Das bringt Zeit und bringt ihn in die Defensive. Und es verhindert, dass man sich grundlos selbst besiegt, indem man sich freiwillig in die Opfer- oder Rechtfertigungsrolle begibt.
Natürlich ist das nicht die einzige Methode, sich aus solchen Situationen zu befreien. Man findet in diesem Buch eine ganze Systematik davon, die auch vom Persönlichkeitstyp des Angreifers ausgeht. Wenn man an diesem sehr hilfreichen Buch überhaupt etwas neben seinem unglücklichen Titel aussetzen kann, dann ist es der fehlende Hinweis auf das nötige nachhaltige Training, das es braucht um angemessen im Sinne des Autors zu reagieren.
Unglücklicher Titel, hervorragender Inhalt