Die junge Jesidin Helen lebt mit ihrer Familie in Halliqi, einem kleinen abgelegenen Bergdorf im Nordirak. Als sie 2003 den Witwer Elias kennen und lieben lernt, verlässt sie das einsame Dorf und lebt mit ihm im nahen Mosul. Als Zeichen ihren Liebe lassen sich die beiden statt eines Eheringes ein Vogeltattoo stechen.
Elias ist Journalist und ist einer der ersten, der 2014 von den Männern des Daesh (IS) verschleppt wird. Helen lässt ihre wenige Wochen alte Tochter sowie ihre beide halbwüchsigen Söhne zurück und macht sich auf die Suche nach Elias. Dabei gerät sie in die Fänge der Terrororganisation und wird an verschieden Männer verkauft und systematisch misshandelt.
Auf abenteuerliche Weise gelingt ihr nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen die Flucht und die Rückkehr nach Halliqi, das inzwischen ein Fluchtpunkt für zahlreiche vom Daesh verfolgte Menschen ist. Elias bleibt weiter verschwunden und die beiden Söhne sind mittels Gehirnwäsche zu Mudschaheddin ausgebildet worden.
Meine Meinung:
Wir Leserinnen und Leser aus Mitteleuropa können uns das Leid der Menschen, die vom Daesh entführt, misshandelt, zwangsmissioniert, zwangrekrutiert und letztlich oft getötet werden, kaum vorstellen. Erinnerungen an die Erzählungen von brutaler Christianisierung und den Genozid während der NS-Diktatur werden wach. Und das alles im 21. Jahrhundert? Dieser Roman gibt dem Leid der Jesiden, die als christliche Religionsgemeinschaft gelten, eine fassbare Stimme. Helen steht stellvertretend für Tausende Frauen, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben.
Gekonnt wird der Kontrast zwischen dem friedlichen Zusammenleben der Menschen im unwirtlichen Gebirge im Nordirak und den Gräueltaten des Daesh dargestellt. Helens Familie lebt vom Obst- und Gemüseanbau, Feigen sind das wohl bekannteste Produkt. Ihr Vater ist als Beschneider ein geachteter Mann. Das hilft dann, als Helen mit ihren Kindern das Dorf verlassen kann.
Berührend sind die Szenen, als wir erfahren, dass Helen und Elias die Dorfbewohner jeglichen Alters im Lesen und Schreiben unterrichten. Das von Batterien betriebene Radio wird als Zauberkasten betrachtet. Mobiltelefone halten erst spät, und dann durch Flüchtlinge Einzug in Halliqi, erweisen sich aber dann als wichtiges Requisit, um die Menschen außer Landes zu bringen.
Der Roman betrachtet die unterschiedlichen Schicksal aus verschiedenen Perspektiven. Im Zentrum stehen stets Helen und ihre Familie, für die vielen tausenden Menschen, die ähnliche Schicksale teilen.
Fazit:
Diesem Buch, das mich sehr betroffen macht, gebe ich gerne 5 Sterne.