Cover des Buches Kirschblüten und rote Bohnen (ISBN: 9783832198121)
miro76s avatar
Rezension zu Kirschblüten und rote Bohnen von Durian Sukegawa

das Farbenspiel das Lebens

von miro76 vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ruhig und unaufgeregt erzählt uns Sukegawa voller Respekt und Achtsamkeit von diesen drei fast gescheiterten Existenzen.

Rezension

miro76s avatar
miro76vor 8 Jahren

Kirschblüten und rote Bohnen ist ein Roman, der alle Sinne anspricht. So liebevoll beschreibt Durian Sukegawa die Zubereitung von An, die süße rote Bohnenpaste für die Dorayaki, dass mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Fast meint man die schwere Süße der Bohnen, mit der ganz feinen Brise Salz am Gaumen zu spüren.
Wir riechen den Duft der Kirschblüten und hören den Frühling ins Land ziehen.
Zuhören ist überhaupt ein spezielles Thema in diesem Buch, denn das ist es, was Sentaro lernen muss.

Sentaro ist der Geschäftsführer eines Imbissstandes, der diese süßen Dorayaki verkauft. Er arbeitet dort, weil er sich verpflichtet fühlt. Er schuldet der Witwe eines ehemaligen Geschäftspartners noch Geld und das muss er abarbeiten. Er verrichtet sein Tagwerk mit wenig Liebe und macht alles genau so, wie es sein Vorgänger schon gemacht hat. Das Geschäft läuft eher schleppend, bis sich Tokue, eine 76jährige Frau um die Stelle als Aushilfe bewirbt, die er ausgeschrieben hat.
Sie hat irgendeinen Makel an den Händen. Die Finger sind etwas krumm und auch im Gesicht zeigen sich Spuren einer Krankheit. Doch ihr An ist unvergleichlich und Sentaro möchte lernen, wie es gemacht wird.

Sentaro und Tokue kommen sich näher und der junge Dorayaki-Bäcker kann viel mehr von der erfahrenen Frau lernen, als das beste An Japans zu kochen. Tokue schafft es in ihm den Funken der Neugierde wieder zu zünden. Er nimmt seine Umwelt wieder wahr, lernt, seine Arbeit zu lieben und versucht sich endlich im Zuhören. Es sind zögerliche Schritte, doch Sentaro ist auf dem richtigen Weg.
Ein junges Mädchen komplettiert diese Gemeinschaft. Das Schulmädchen Wakana muss ihren Weg erst finden. Auch sie hat es nicht leicht, ist eine Außenseiterin und findet in Tokue eine Freundin.

Durian Sukegawa geht sehr achtsam und liebevoll mit seinen Figuren um. Die Entwicklung geht stetig, aber langsam voran und vor Rückfällen ist niemand gewappnet. Mit dem Geheimnis um Tokues Finger spricht der Autor ein schwieriges Thema in der jüngsten Geschichte an. Welches sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Ich war wirklich verwundert, wie lange sich Mythen halten können und dass hier eventuell sogar heute noch Aufklärungsarbeit nötig wäre.

Kirschblüten und rote Bohnen ist ein rundherum stimmiger Roman, obwohl manche Dialoge für uns Europäer etwas befremdlich sind. Die japanische Kultur unterscheidet sich doch sehr stark von unserer. Es gibt Sitten und Gepflogenheiten, die wir wohl nie verstehen werden. Aber das macht es aus, wenn man sich auf eine literarische Reise in ein fremdes Land begibt. Ich muss nicht alles verstehen oder nachvollziehen können. Manches ist einfach so, und das ist gut so.

Ich habe es genossen, diese wunderschöne Geschichte zu lesen und möchte euch an dieser Stelle noch eine von Tokues Weisheiten mitgeben:

„Im Leben eines Menschen gibt es nie nur eine Farbe. Die Schattierungen können sich jederzeit ändern. Eigentlich ist das ganze Leben ein andauerndes Farbenspiel. Ich weiß das, weil ich bereits am Ende dieses Spiels angelangt bin.“ (S. 171)

Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks