Sein Leben bietet nicht den Stoff, aus dem Helden geschaffen werden. Darum findet Manson seinen eigenen Mythos lächerlich. Die Medien haben ihn zum Inbegriff des Bösen stilisiert, als wäre er das Supermonster, the most dangerous man alive, die Hippieversion von Gilles de Rais. Doch in Wahrheit war das Oberhaupt der Manson Family bloß ein mittelmäßiger Kleinkrimineller, der von ein paar runaway girls zum Guru ernannt, nach einer Überdosis Sex & Drugs schwer paranoid und schließlich zum Mörder wurde, weil er Ärger mit Bikern und Drogendealern hatte und diese Probleme gerieten außer Kontrolle. Am Ende glaubte er sogar, die Black Panthers wären hinter ihm her. Wäre Manson die Reinkarnation von Dr. Mabuse, dann hätte er sich cleverer verhalten. Um einen Mafiapaten zur Strecke zu bringen, braucht die Justiz zuweilen Jahrzehnte. Dagegen wirkt Charlie Manson geradezu tollpatschig. Als Krimineller ist er gewiss kein Genie. Wahrscheinlich musste man Manson zu einem überlebensgroßen Monster aufmotzen, um die Hippiebewegung in den Dreck zu ziehen.
Rezension zu "The Family" von Ed Sanders