Die "Screwball Komödie" ist eine spezielle Unterart der amerikanischen Filmkomödie und hatte ihre Hoch-Zeit in den 1930er Jahren.
Der Begriff wurde aus dem Sportbereich entlehnt: In jenen Jahren begannen manche Werfer von US-Baseball-Teams den Ball mit einem Drall nach außen zu werfen und ließen so den Ball unberechenbar werden. Die Baseballwelt honorierte diese schwer einzuschätzenden Bälle als "screwballs" – waren die Werfer in ihren Augen doch exzentrische oder verrückte Spieler.
In den Tagen vom Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 bis zum Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den plötzlich doch real gewordenen II. Weltkrieg 1941 gebar die Traumfabrik Hollywood aus einer (im wahrsten Sinne des Wortes) Not heraus ein eigenes Filmgenre, dass zuhauf vor Unberechenbarkeiten im Kampf einer Vielzahl sehr skurriler und oft auch verrückter Geschlechter wuselte: die "Screwball Comedy".
Der Autor, ein "Doctor of Philosophy" der Columbia Universität, nahm sich dieser oft sehr turbulenten, haarsträubenden und auch originellen romantischen Komödien an und liefert einen höchst interessanten Einblick in die Entstehung und die Mechanik dieser Beziehungsgeschichten, wo Männlein und Weiblein miteinander könnten aber nicht wollen, weil eben...
Geburtshelfer dieses Sub-Genres, welches mit Howard Hawk's "Napoleon vom Broadway" (Twentieth Century, 1934) und Frank Capra's unvergleichlichem Film "Es geschah in einer Nacht" (It Happened One Night, 1934) den Siegeszug in den amerikanischen Kinos antrat, war der Aufschrei der religiösen Gruppierungen im Land, die nach den sexuellen Exzessen, Skandalen und Ausuferungen in den 1920er Jahren Moral und Sittlichkeit forderten. Schlußendlich formten katholische Würdenträger die berüchtigte "National Legion of Decency", die Einfluss auf die Regierung zu nehmen begann. Hollywood aus Angst vor Zensur durch den Staat und daraus resultierenden Einbußen reagierte rasch und bot eine hauseigene Prüf(zensur)stelle an: 1930 wurde der "Motion Picture Production Code" ins Leben gerufen, der der breiten Filmmasse als der berüchtigte "Hayes Code" bis 1968 ein Begriff war und mal wieder in feinster Perfektion die Verlogenheit und Scheinheiligkeit, die Prüderie und Bigotterie des gesamten Landes aufzeigte.
Damals wie heute mit der #MeToo-Kampagne log und lügt Tinseltown mit halbherzigen Aktionen und Lippenbekenntnissen der Welt etwas vor...
Sex – wenn auch nur in Andeutungen – war sofort ein Tabu auf der Leinwand. Keinesfalls gezeigt werden durften erste Liebesnächte; nicht mal verheiratete Paare durften auf der Leinwand zusammen im Bett liegen (!!!). Ehepaare teilten sich zwar ein Schlafzimmer, aber die Betten waren stets durch Nachtkästchen getrennt. Alles musste klinisch sauber sein und die moralisch heile Welt darstellen.
Wie also Romanzen einem arbeitslosen und hungerndem Volk erzählen und ihnen eine Fluchtmöglichkeit aus dem tristen Alltag ermöglichen, wenn man keine der für eine tolle Beziehungskomödie notwendigen Ingredienzien verwenden durfte?
Hier zeigte sich Hollywood (damals wie heute) wieder einfallsreich und erzählte Geschichten von Liebes/Ehepaaren, die sich wie Hund und Katz anfauchten und bekämpften, um in subtilen grandiosen Wortgefechten und Slapsticksituationen auf Umwegen sexuelle Untertöne in den Filmen zu transportieren.
Große Stars wie Cary Grant, Henry Fonda, James Stewart, William Powell, Myrna Loy, Barbara Stanwyck, Claudette Colbert, Ginger Rogers, Irene Dunne oder Katharine Hepburn trennten sich um sich wiederzufinden oder bekämpften und hassten einander, um schlußendlich doch ein Paar zu werden.
Faszinierend der Umstand, dass sich die Geschichten um (Hass)Lieben immer in den höheren und sehr wohlhabenden Kreisen abspielten. Luxuriöse Hotelsuiten, Villen, Hauspersonal, schöne gelangweilte Frauen und Männer in Nerzen und mit Juwelen behängt in steter Partylaune Champagner und Kaviar schmausend... während das Kinopublikum sich kaum die Butter auf dem Brot leisten konnte. Die Amerikaner liebten es, die reichen wohlgenährten Protagonisten auf der Leinwand zu sehen und neideten es ihnen nicht. Gerne zahlten die Besucher 0.23 Dollar für ein Ticket... Wöchentlich wurden zwischen 65 und 90 Millionen Kinokarten verkauft!
Beim Lesen dieses wunderbaren Buches, welches die Inhalte der absoluten "Must-Sees" dieser wunderbaren Film-Ära detailliert beschreibt und die Texte mit wunderschönen schwarz/weiß-Szenenfotos der eleganten Stars der alten Hollywood-Tage garniert, wird einem schmerzhaft bewusst, wie sich damals das Land schon selbst belog und es jetzt ganz gleich mit einer überzogenen und unglaubwürdigen Entrüstung über Zustände, die in Tinseltown seit 100 Jahren herrschen und die sich nicht ändern werden (ist der Mensch dazu überhaupt in der Lage?), wieder tut.
Ein Eye-Opener über die Filmindustrie aber auch das Land selbst, welches mit Scheinheiligkeiten, Tunnelblick und Doppelzüngigkeit die eigene Bevölkerung vergessen lassen will, dass es selbst in einer Traumwelt existiert.
Ein wunderbarer Ratgeber, wer einen Sinn für gute alte flotte Hollywood-Komödien mit den Großen des "Golden Age" hat und diese Filme erkunden möchte: Background, Inhaltsangaben, kritische Betrachtungen und Analysen sowie reich bebildert und mit interessanten Listen über Darsteller, Autoren, Regisseure, Kameramänner und Auszeichnungen.