Cover des Buches California (ISBN: 9783351050191)
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Rezension zu California von Edan Lepucki

Überleben

von Bri vor 9 Jahren

Rezension

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Brivor 9 Jahren

Amerika steht vor großen Problemen. Verheerende Unwetter, Umweltschäden, Trockenheit. South Carolina hat es gerade eben erwischt. Dämme brechen, die Menschen fliehen vor den Wassermassen. Ein Szenario, das leider nicht mehr als Horrorvision abgetan werden kann. Der Klimawandel ist da, wir sind mitten drin.

Californien hat seit Jahren kein Wasser mehr gesehen. Um die vertrockneten Gärten - vor allem den Rasen vor dem Haus - ein wenig schöner aussehen zu lassen, wird das Gras grün angestrichen. Ja, angestrichen. So sieht es zumindest aus, als wäre alles einigermaßen in Ordnung und die anhaltende Wasserknappheit nur ein vorübergehendes Problem. Und das ist keine Fiktion, sondern Realität.

Was passiert, wenn alles aufgrund von unermesslichen Schäden, die durch Naturkatastrophen, die auch der Mensch provoziert und lange nicht ernst genommen hat, zusammenbricht, zeigt Edan Lepucki in ihrem Roman California mehr als eindringlich.

Nebenbei bemerkt steht dieser Roman in Amerika auch für den Kampf gegen Amazon, lag doch Lepuckis Verlag zur Zeit des Erscheinens von California mit dem Online-Riesen im Clinch. Durch einen Aufruf, die Marktmacht Amazon zu boykottieren und Lepuckis Roman bei anderen Händlern zu kaufen, geriet das Buch auf die New York Times Bestsellerliste und gilt seitdem als Symbol für den erfolgreichen Widerstand.

In Lepuckis California bricht die zivilisierte Gesellschaft nach den Verwüstungen komplett zusammen. Die Reichen setzen sich ab in sogenannte Gated-Communities. Wer arm ist, versucht in der Natur zu überleben. So auch Cal und Frida, ein junges Ehepaar, das seinen Überlebenskampf alleine auf sich nimmt. Sie leben von dem, was der Wald hergibt und konnten nur wenig aus ihrem früheren Leben retten. Der Sommer neigt sich dem Ende zu, doch sie haben ein Dach über dem Kopf, eine Hütte, die sie im Wald gefunden hatten und die offensichtlich zuvor bereits von anderen Menschen bewohnt worden war.

Beim Wäsche waschen am Fluss fühlt Frida sich beobachtet. Und sie hat Recht. Eines Tages zeigt sich ihr eine Frau mit zwei kleinen Kindern. Frida erfährt von ihr, dass die Familie, der auch noch der Vater der Kinder angehört, früher in der Hütte wohnte, die Cal und Frida nun als Heim dient. Es kommt zu gegenseitigen Besuchen und so fühlen sich Cal und Frida nicht mehr ganz so einsam. Denn außer dem nicht vorhersehbaren Auftauchen von August, der so etwas wie ein fahrender Händler ist, fehlt jeglicher Kontakt zu anderen Menschen. Zwar weiß man von den Gated-Communities, doch ob man sich ihnen nähern sollte, darüber ist man sich unsicher.

Edan Lepucki hat mit California etwas Verstörendes geschaffen. Verstörend deshalb, weil sie eine Dystopie vorlegt, die realer nicht sein könnte - und uns nicht mehr allzu fern. Ihre Figuren bleiben ein wenig fremd, erfährt man doch nur über Rückblicke etwas über ihre Vergangenheit und das auch nur bruchstückhaft. Doch die Bruchstücke lassen sich im Lauf der Zeit zu einem stimmigen Bild zusammensetzen. Menschen wie Du und ich - den Gegebenheiten ausgesetzt.

Sprachlich klar und schnörkellos und dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - schafft Lepucki ein eindringliches Szenario, dem man sich, trotz der nicht eben gemütlichen Lektüre, nicht entziehen kann. Plötzlich steht man selbst vor essentiellen Fragen, die nicht so einfach zu beantworten sind. Und es ist hart, sich eingestehen zu müssen, dass unser Leben nicht mehr vorhersehbar ist. Es nie war. Denn Sicherheit ist ein Trugschluss und der Klimawandel - wie man an unterschiedlichen Punkten unseres wunderbaren Planeten sehen kann - voll im Gange.

Oktober 2015: Californien verdurstet, South Carolina versinkt, Südfrankreich ebenso. Doch für einige Menschen ist das alles weit weg. Dennoch ist es Realität geworden und wenn das Ruder noch umgerissen werden soll, dann geht das nur gemeinsam.

Auch Cal und Frida begeben sich letztendlich in den Schutz der Gemeinschaft - einerseits ein Zugewinn, individuell gesehen aber auch ein Opfer und schlussendlich wird klar, dass wenn es ums Überleben geht, so manche Prinzipien über Bord geworfen werden - und das noch stärker, wenn es nicht mehr nur ums eigene Überleben geht, sondern um die Übernahme von Verantwortung gegenüber neuem Leben.


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