Da ich mit "Play it again" gute Erfahrungen mit einer Biografie machte, dachte ich mir: Warum die Herausforderung nicht steigern und die Biografie eines Menschen lesen, zu dem ich keinen Bezug habe (bei "Play it again" war es das Klavierspielen, das ich mochte)? Als ich das Buch bei Netgalley sah, reizten mich das tolle Cover-Foto und die Tatsache, dass sich Izzard (offen) als Transgender bezeichnet. Ich war neugierig, was ich lernen würde. Leider erzählt das Buch viel, aber es fehlt das Gefühl. Vielleicht war die Herausforderung zu groß - für mich oder für Izzard?
Wer ist Eddie Izzard?
Ein britischer Komiker und Schauspieler, der 1962 geboren wurde und bereits mit sechs Jahren seine Mutter verlor. Izzard arbeitete lange Zeit als Straßenkünstler, danach als Stand-up-Comedian. Mittlerweile hat er zahlreiche Programme aufgeführt und tritt auch in anderen Sprachen auf (z.B. Französisch und Deutsch). Außerdem lief er 43 Marathons in 51 Tagen (Großbritanien) und 27 Marathons in 27 Tagen (Afrika), um die dortige Sportförderung zu unterstützen. 2007/2008 spielte er die Hauptrolle in der Drama-Serie "The Riches", in der eine Familie des "fahrenden Volkes" die Identität einer neureichen Familie annimmt und zwischen beiden Welten pendelt.
Izzard bezeichnet sich als Transgender, im Buch nutzt er oft die Begriffe "Action-Transvestit" oder "im Mädchenmodus"
Was erzählt das Buch und WIE erzählt das Buch?
Izzard beschreibt seine Kindheit und seinen Weg vom Studium über seine Versuche einer Comedy-Show hin zum Outing und seiner Karriere als Comedian. Den größten Teil nehmen seine Kindheit und seine Jugend ein, der Tod der Mutter wird ähnlich oft thematisiert wie seine Vorliebe für das Getränk "Pop". Sein Outing, die Marathon-Läufe und seine Schauspielkarriere nehmen vergleichsweise wenig Raum ein.
Ich fand im Buch keinen Halt. Ich hatte keinen Bezug zu Izzards Kindheit, ich wusste nicht, warum er soviel davon erzählt. Im Nachwort erwähnt er, dass er Schwierigkeiten hat, anderen zu vertrauen. Ich hatte das Gefühl, dass er dem Leser nicht vertraut und dass es ihm schwerfällt, aus seinem Leben zu erzählen. Vielleicht wurde bereits zuviel gesagt? 2009 drehte er bereits die Dokumenation "Believe" und auch seine Marathonläufe wurden dokumentiert. Im Gegensatz dazu erwähnt er bereits auf S. 39 (von 324), dass er ein Action-Transvestit sei und dass er mit Mädchenpuppen nichts anfangen konnte (aber eine Mädchen-Seite hat). Damit definierte sich Izzard schon sehr früh im Buch. Das hat mich verwirrt, weil ich ihn kennenlernen wollte. Ich wollte den kleinen Jungen auf S. 39 noch nicht in eine Schublade stecken.
Izzard wirkt im Buch durchdacht und sehr ehrgeizig. Er hat sich ein Ziel gesetzt und wollte es erreichen. Außerdem ist er sehr ausdauernd. Ich bewundere das. Es hat mich stark beeindruckt. Leider fehlte mir die Leidenschaft für die Kleinkunst. Izzard erzählt viel, aber die Freude, wenn er auf der Bühne steht, habe ich nicht gespürt. Auch fehlte mir die Einleitung für die Marathons. Izzard wirkt, als sei er sehr stolz auf das, was er erreicht habe, aber es scheint ihm peinlich, über seine Gefühle dahinter, seine Motivation, zu sprechen. Er definiert sich oft über diese Ziele.
Ich hätte gern mehr über das Thema "Transgender" erfahren und darüber, wie sich sein Auftreten, seine Persönlichkeit, verändert, wenn er Frauenkleidung und/oder Make-up trägt. Später habe ich in einigen Interviews gesehen, dass es keinen Unterschied macht - er spricht stehts höflich, nett und sehr ruhig. Interessant fand ich, dass Izzard mithilfe seines Bruders und seiner Freundin Sarah die Kostüme seiner Shows entwickelt hat, damit die Show prägnanter wirkt. Das wusste ich davor nicht.
Wer sollte das Buch lesen?
Ich denke, "Believe me" bereitet Lesern Freude, die Izzard aus dem Fernsehen oder aus seinen Shows kennen und wissen wollen, wie Izzard aufgewachsen ist. Wer Izzard (wie ich) noch nicht kennt, sollte das Internet nutzen. Eddie Izzard ist ein Mensch, der auf der Bühne präsenter wirkt als in diesem Buch.