Cover des Buches Zweistromland (ISBN: 9783754660799)
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Rezension zu Zweistromland von Edgar Bernardi

Zweistromland

von dartmaus vor einem Jahr

Kurzmeinung: Zwei Leben zwischen Ost und West

Rezension

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dartmausvor einem Jahr

Inhalt:

Zwei Zwillingsbrüder verlieren sich als Fünfjährige in den Wirren des verheerenden Bombenangriffs am 13. Februar 1945 in Dresden. Oswald, kurz nach seinem Bruder geboren, wächst im Osten an der Elbe auf. Erst nach dem Fall der Mauer trifft er seinen Bruder Werner wieder, der seit der Flucht mit dem Vater am Rhein im Westen lebt. Stimmen und Bewegungen bleiben identisch. Die kurze gemeinsame Kindheit und der Erfolg beider Brüder als Computerexperten diesseits und jenseits der Zonengrenze schaffen jedoch keine Verbundenheit. Oswald fühlt sich als Wendeverlierer, der nichts aus der von den Westdeutschen als Unrechtsstaat abgestempelten „DDR“ gutheißen darf, der unaufhörlich seine Identität im wiedervereinten Deutschland sucht. Als konformer Anhänger des sozialistischen Systems verzweifelt er an der Wendekunst seines Mentors, Genosse Helmut. Sein nach Grenzöffnung siebenundzwanzigjähriger Sohn Sven hat keine Beziehung zum DDR-Staat. Verbote und die ewige Einkesselung schüren seinen Hass als Jugendlicher, er driftet in die rechtsradikale Szene ab. Svens Generation lechzt nach Freiheit und giert nach allem Westlichen, das durch Mauer und Stacheldraht dringt. Oswalds gesteigerte Ohnmacht, als Jüngerer gegenüber seinem Bruder, als Systemtreuer gegenüber einem gescheiterten Staat und dem Gefühl, als Ostdeutscher gegenüber den „Besserwessis“ zu kurz gekommen zu sein, lässt ihn an der Realität verzweifeln. Analog zum Kinderspiel Westen entwickelt er ein Computerspiel mit Mauer, Grenzkontrolle und Schießbefehl, das er an fiktiven Flüchtlingen testet. Aus dieser virtuellen Welt sucht er den Weg zurück in die reale.


Meine Meinung:

Ein Buch das noch lange nachwirkt. Es hat mich sehr nachdenklich und teilweise auch geschockt zurück gelassen. Vieles war mir ja bereits bekannt, aber wenn man dann mit der Realität konfrontiert wird, dann gibt es dem ganzen nochmal ein ganz anderes Bild.

Das Buch ist in fünf Abschnitte eingeteilt und jeder Abschnitt hat so seine Eigenheiten und auch Grausamkeiten.

Im ersten Abschnitt wird man von den Ereignissen der Bombardierung Dresdens konfrontiert, die sehr detailliert und bildlich dargestellt werden. Man ist regelrecht entsetzt über die damaligen Zustände. Wirklich sehr gut recherchiert.

Im zweiten Abschnitt erlebt man dann die Trennung der Familie und die Flucht von Werner und seinem Vater Richtung Westen, während Oswald von Gertrude Funck aufgenommen wird. Auch diese Beschreibungen sind sehr detailliert und bildlich. Gerade Oswald tut mir so unendlich leid, als er alleine zurück bleibt.

Im dritten Teil werden wir dann Augenzeuge der Entwicklung auf beiden Seiten Deutschlands. Während der Westen, auch dank der westlichen Besatzer, einen Boom erlebt, so sind auf der anderen Seite der Grenze die Machenschaften der Stasi und die Auswirkungen des „Unrechtstattes“ spürbar. Wer in diesem System nicht funktioniert, hat keine Chance. So erlebt man auch die unterschiedliche Entwicklung der beiden Brüder hautnah mit. Wirklich sehr gut und realistisch beschrieben.

Im vierten Abschnitt folgen dann die letzten Jahre der DDR. Hier werden die enormen Unterschiede wirklich deutlich sichtbar. Gerade die unterschiedliche Entwicklung der beiden Brüder wird jetzt sehr deutlich. Während Oswald sich im System der DDR arrangiert hatte, hat Werner Karriere gemacht und kommt jetzt so als „Besserwessi“ zurück nach Dresden und übernimmt dort ausgerechnet die Firma, in der Oswald arbeitet. Dieser Abschnitt ist insgesamt wirklich sehr emotional.

Im letzten Abschnitt werden dann die Entwicklung der Menschen in unterschiedlichen Systemen sehr deutlich beschrieben und man kann wirklich erkennen, wie groß doch der Unterschied zwischen Ost und West war. Auch die Probleme, die die Wiedervereinigung mit sich gebracht hat, werden sehr sehr deutlich beleuchtet. Gerade dieser Abschnitt drängt einem förmlich auf, auch über die heutige Situation nachzudenken, denn noch immer, nach über 30 Jahren, hat die Politik es nicht geschafft, den Osten an den Westen anzugleichen, gerade was das Lohngefüge betrifft.

Mich hat dieses Buch wirklich von der ersten bis zur letzten Seite überzeugen können und hat mich mehr als Nachdenklich zurück gelassen.


Mein Fazit:

Ganz klare Leseempfehlung, volle 5 Sterne.

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