Der sechste Kontinent
Der namenlose Ich-Erzähler stößt in der Sahara zufällig auf David Innes, ein Mann, der mit einer unglaublichen Geschichte aufwartet. Gemeinsam mit dem Erfinder Abner Perry hat er in einem von ihnen konstruierten Prospektor das Innere der Welt erforschen wollen. Dabei entdeckten sie, dass unser Planet im Inneren eine eigene Welt birgt, bevölkert von prähistorischen Bestien und Urvölkern: Pellucidar. Eine brutale Welt, in der Menschen als Beute, Sklaven und religiöses Opfer für ein hochentwickeltes Dinosauriervolk dienen: den Mahars. David und Perry beschließen, dieser Schreckensherrschaft ein Ende zu setzen, doch nicht nur die Mahars und das gorillaartige Volk der Sklavenjäger stehen gegen sie, auch bei den Menschenvölkern stoßen sie auf Misstrauen, Hass, Neid und Machtgier.
Rückkehr nach Pellucidar
Der Ich-Erzähler erfährt, dass David tatsächlich nach Pellucidar zurückkehren und eine Verbindung zur Oberwelt herstellen konnte, sodass er jetzt seinem Freund aus der Tiefe der Erde berichten kann. David findet bei seiner Rückkehr die Anfänge seines Kaiserreiches in Trümmern vor. Hooja, der Schlaue hat ganze Arbeit geleistet. Davids Geliebte Dian ist verschwunden, die Völker gegeneinander aufgehetzt und Hooja ist mit einer Gruppe brutaler Männer zum Schrecken Pellucidars geworden. Mit den neuartigen Waffen, mit denen David und Perry den Kampf gegen die Mahars aufgenommen hatten, unternimmt Hooja jetzt Überfälle und will sich selbst zum Herrscher Pellucidars einsetzen. Doch David gibt nicht so leicht auf und gemeinsam mit Perry nimmt er den Kampf um sein Kaiserreich auf – und nicht zuletzt will er seine geliebte Dian wiederfinden.
Dieser Doppelband enthält die ersten beiden Bücher der sechsteiligen Reihe Pellucidar. Der erste Band erschien 1914 und diese Reihe gilt als Ahnherr aller Hohlweltenromane. Mit dieser Ausgabe legt der Apexverlag die erste deutsche Übersetzung vor und ich bin positiv überrascht. Bei epubli-Ausgaben stellt sich immer die Frage nach der Qualität und ich muss sagen, dass sie bis auf wenige Stellen mit Rechtschreibfehlern und verqueren Sätzen, sehr gut ist. Die Hardcover-Ausgabe überzeugt außerdem mit einer hochwertigen Bindung und einem schönen Vorwort mit Infos zu Buch und Autor.
Die Geschichte ist ein spannender, sehr phantasievoller Abenteuerroman, der alles bietet. Verfolgungsjagden, Befreiungen, Kämpfe, unerwartete Twists und eine Rasanz wie man sie in diesem Genre erwartet. Die Geschichte ist in guter Kolportagemanier geschrieben: wenig Ruhepole, viel Action und bekannte Motive, wie die schöne Frau, die zum Spielball männlicher Machtinteressen wird – ich möchte betonen, ohne dass sie dabei als hilflose, statische Jungfrau in Not gezeichnet wird. Im Gegenteil, ist sie überraschend aktiv, nimmt ihr Leben selbst in die Hand und greift bei Kämpfen auch selbst zur Waffe. Dem Genre (und der Zeit) geschuldet bleibt natürlich, dass sie die Trophäe ist, der die männlichen Charaktere nachjagen. Gerade gegen Ende des zweiten Bandes wird das Motiv ihrer Entführung ausgereizt, sodass man es schließlich nicht mehr ernst nehmen kann.
Auch die Idee des zu errichtenden Kaiserreiches und der „Einsetzung des Menschen an seinen rechtmäßigen Platz an der Spitze der Schöpfung“ ist natürlich der Zeit geschuldet. Sehr schön wird dieses Motiv allerdings motiviert: Pellucidar wird beherrscht von einer brutalen, intelligenten Dinosauriergattung, Sklavenjägern und Gewalt. Der Kampf gegen sie ist im grunde ein Kampf um Freiheit und Sicherheit. Das Kaiserreich wird selbst innerhalb der Geschichte eher mit einem Augenzwinkern eingesetzt. Eine Idee von Abner Perry, dem alten, zutiefst gläubigen, Erfinder, der diesen Gedanken auch ausbaut. David sieht sich zumindest in diesen Bänden nicht in der Würde, ihm geht es um Freiheit und Frieden – ein Thema, das auch auf den letzten Seiten aufgenommen wird und mit den Ereignissen im zweiten Band versöhnt. Der Fokus wird hier überraschend noch einmal neu ausgerichtet.
Mit dem Charakter des tiefgläubigen Abner Perrys, dessen Religiosität gerade im ersten Band immer wieder betont wird, droht kurzzeitig auch ein missionarisches Motiv die Geschichte zu überschatten, aber das ist zum Glück, zumindest in den ersten beiden Bänden, nicht der Fall. Im Zentrum bleiben das Abenteuer und der Kampf um die Freiheit der Völker.
Sehr interessant ist auch der Ich-Erzähler der Rahmengeschichte, der im zweiten Band als Edgar Rice Burroughs selbst benannt wird. Diese Autorenfiktion, um die Glaubwürdigkeit eines fiktionalen Reiseberichts zu untermauern ist ein gängiges Motiv der Abenteuerliteratur und spätestens seit Karl May bekannt.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir die ersten beiden Bände des sechsteiligen Hohlwelten-Romans sehr gut gefallen haben. Er sprudelt über vor originellen Ideen, spannenden Abenteuern und einem facettenreichen Weltentwurf, der sicherlich noch viele Überraschungen für die kommenden Bände bereithält. Alle Stärken und auch Schwächen des Genres vereinen sich hier zu einem großartigen Fantasyroman, dessen Geschichte auch heute bestens unterhält.