Rezension zu "Die Besserwisser von Isoland" von Wilfried Hildebrandt
Zum Inhalt:
Prof. Dr. Albert Salomon ist Meeresbiologe und lebt auf dem kleinen Inselstaat Isoland in der Ostsee. Eines Tages entdeckt er, dass die Blaualgenpopulation extrem angestiegen ist und dadurch bedingt Cyanobakterien und Vibrionen im Meerwasser sich stark vermehrt haben. Als er die isoländische Regierung darüber in Kenntnis setzt, wird wegen der offensichtlich bestehenden Gesundheitsgefahr ein generelles Badeverbot erhängt. Eine Gruppe von Bewohnern sind erbost darüber und gründen eine Protestbewegung, die die Entscheidungen der Regierung bekämpft. Albert wird auch noch persönlich zur Zielscheibe der wütenden Inselbewohner, denen jedes Mittel recht ist, um ihre Hetze unter den Menschen zu verbreiten. Dabei merken diese selbst ernannten Freiheitskämpfer nicht, dass sie allmählich ihre paradiesische Heimat zerstören...
Meine Leseerfahrung:
Schon bei den ersten Seiten kam ich ins Schmunzeln. Denn das kleine Isoland erinnert doch sehr stark an unsere Bundesrepublik. Eigentlich ein schönes Fleckchen Erde, wo das Gemeinwesen tatsächlich gut funktioniert und die Bewohner glücklich und zufrieden sind. Dann kommen ein paar intelligenzarme Persönchen daher und zetteln aus den falschen Gründen eine Revolte an, die im Grunde nichts Gutes leistet, weil sie auch völlig daneben und überflüssig ist.
Albert war mir ehrlich gesagt aus diversen Gründen von Beginn an unsympathisch. Er ist zwar gebildet und in seinem Fachgebiet durch und durch Experte. Aber er begeht einen fatalen Fehler und lässt sich - als verheirateter Mann wohlgemerkt - auf eine Studentin ein. Und genau die wird ihm zum Verhängnis, als sie sich mit ihrem neuen Liebhaber zusammen tut und Isoländer anstachelt, sich gegen die Schutzmaßnahmen der Regierung aufzulehnen.
Die Situation ist eigentlich völlig absurd und lächerlich, führt aber nach und nach zur ernsten Katastrophe. Es bleibt nicht einfach nur bei harmlosen Protesten. Im Laufe der Geschichte kommen auch weitere Themen wie Rassismus hinzu, die der Autor allmählich in die Story einbindet. Der Albert ist nämlich Jude, und das wird in Anbetracht der hasserfüllten Protestler zu einem ebenso großen Problem für die Hauptfigur. Überdies ist er mit einer dunkelhäutigen Frau verheiratet.
Besonders gut gefallen hat mir die Darstellung von der zunehmenden Hassbewegung und der immer schlimmer werdenden Hetze und sogar Gewaltanwendungen in der Gesellschaft. Und da trifft der Autor einen sehr empfindlichen Punkt in der aktuellen gesellschaftlichen Pandemie-Situation. Die Vergleiche sind direkt, ehrlich und gut beobachtet. Wir lesen die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und lernen dabei völlig gegensätzliche Blickwinkel kennen. Sehr amüsant waren dabei die Unterscheidungen zwischen wissenschaftlicher Sichtweise und "gesundem Menschenverstand". Bis auf kleine langatmige Abschnitte und einer mE zu stark ins Lächerliche gezogene Zuspitzung mit weiteren Vorwürfen wie Satanismus bezüglich Albert (der Rassismus hätte schon ausgereicht, wie ich finde), hat dieses Buch durchaus viel zu bieten. Es zeigt uns auf nüchterne Art und Weise, was in unserer Gesellschaft falsch läuft, und insbesondere wie Situationen mit dem Vorwand der Meinungsfreiheit völlig ausarten können.
Fazit:
Wilfried Hildebrandt verarbeitet in "Die Besserwisser von Isoland" ein sehr aktuelles Thema amüsant verpackt und hält der deutschen Gesellschaft wirkungsvoll den Spiegel vor. Ein zum Nachdenken und Diskutieren anregendes Buch!