Cover des Buches Tote Puppen (ISBN: 9783522502214)
Rezension zu Tote Puppen von Edith Schreiber-Wicke

Rezension zu "Tote Puppen" von Edith Schreiber-Wicke

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 12 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 12 Jahren
Tote Puppen von Edith Schreiber-Wicke **** Nun hob der Spaten Erde vom Hügel. Die lehmfarbenen Brocken landeten auf dem gemusterten Stoff des Sommerkleides, das die blassen Arme frei ließ. Das störte ihn nicht. Aber ihr Gesicht hatte er mit einem Tuch bedeckt. Es gehörte sich so. Überdies war es ihm unangenehm, von den toten Augen bei seiner Tätigkeit beobachtet zu werden. Erst war noch viel Helles zu sehen. Stück für Stück verschwand es unter der gelbbraunen Schicht. **** Inhalt Als die zähnjährige Marie spurlos verschwindet, wird der Privatermittler Paul Rokitansky zu Rate gezogen. Rokitansky lebt mit Kater und seit kurzem auch Tochter Paula in Wien, wo er eine überaus erfolgreiche Privatdetektei leitet. Verdächtige gibt es zunächst genug: Ein Englischlehrer mit zwielichtiger Vergangenheit, ein gefühlloser Vater, ein nervöser Hausmeister und ein genialer Junge mit fehlender Sozialkompetenz. Doch trotz Hilfe von Polizei, Profiler-Freundin Berit und zahreichen Kontakten, tappt der Detektiv im Dunkeln- bis Paula eine rätselhafte Spur entdeckt. Wer hat die kostbaren Puppen auf dem Grundstück von Maries Freundin Lilly beerdigt? Was verheimlicht Lillys geheimnisvoller Bruder? Und was haben die beiden vermissten moldawischen Kinderprostituierten mit dem Fall zu tun? Fieberhaft versuchen Paula und ihr Vater Maries Verschwinden auf die Spur zu kommen – doch die Zeit scheint gegen sie zu arbeiten... **** Bewertung Eine Amsel läutet, im wahrsten Sinne des Wortes, den Prolog ein. Der Leser findet sich an einem atmosphärischen Herbstmorgen in einem Garten wieder. Die aufgehende Sonne lässt das taufeuchte Gras vor seinem inneren Auge glitzern, man meint die eigenen Atemwölkchen in der kalten Luft verdampfen zu sehen. Doch diese vermeintliche Idylle wird bald durch die Erkenntnis gestört, dass es eindeutig eine Begräbnisszene ist, der hier beigewohnt wird. Eine sehr schaurige, weil heimliche und hoch befremdliche Bebräbnisszene. Kurz darauf erfährt der Leser von dem Verschwinden der jungen Marie. Hängt der Prolog mit dem Schicksal des Mädchens zusammen? Edith Schreiber-Wicke gelingt es, dem Leser laufend neue Rätsel aufzugeben un dabei gleichzeitig in die sympathische Alltagswelt der Protagonisten einzutauchen. Die vorgestellten Personen sind mit viel Liebe und Detailfreude entworfen worden. Paul ist ein anziehender Mann in den Mittvierzigern, der so gar nicht dem von Hollywood geförderten Klischeedetektiv entspricht. Er liefert sich ironisch-humorvolle Wortgefechte mit dem kernigen Polizeibeamten Stefan Ett, kümmert sich liebevoll um seine Tochter Paula und den Maine-Coon-Kater Watson (passend zum Detektivhaushalt!), und versucht unbeholfen der smarten Profilerin Berit seine Liebe einzugestehen. Paula, die aufgrund der für sie anstrengenden neuen Beziehung der Mutter spontan zu ihrem Vater gezogen ist, ist derweil über beide Ohren in den zwei Jahre älteren Daniel verliebt. Doch der gibt ihr mit seinem unentschlossenen Verhalten Rätsel auf. Leider kann sie sich nicht einmal beim Aikido-Trainig von dem Liebesstress erholen- denn dort unterrichtet der gutaussehende Kaito... Um nicht zu viel von der Handlung zu verraten, sei an dieser Stelle auf weitere Ausführungen verzichtet. Ob es der einprägsame Klingelton des Privatermittlers ist (ein Tarzan-Schrei), die spontane Hamleteinlage Pauls während des Kochens – mit Blumenkohl an Stelle eines Totenkopfes, oder Paulas Gecko-Tattoo, dass ihr den gleichnamigen Spitznamen eingebracht hat- die Fülle an Details ist eine wahre Freude, ohne dabei konstruiert zu wirken. (Der Detailreichtum setzt sich im Übrigen in der Buchgestaltung fort: eine eingestanzte Bordüre ziert die untere Deckelleiste und am Anfang eines jeden Kapitels schlängelt sich ein Gecko an der Überschrift vorbei.) Die Autorin bleibt während des gesamten Handlungverlaufs einem exzellenten, sehr bildlichen Sprachstil treu. Immer wieder wird durch Perspektivwechsel Spannung erzeugt, die durch humoristische Spitzen abgemildert wird- um anschließend erneut ein weiteres Puzzleteil an seinen Platz fallen zu lassen. Der mysteriöse Vermisstenfall wird auf derart liebevolle Weise mit dem Alltag der der beiden Protagonisten, Paul und Paula Rokitansky, verflochten, dass man die Helden nicht so schnell vergisst. **** Fazit Dieser „Whodunnit-Krimi“ sei jedem Leser der empfohlenen Altersspanne wärmstens ans Herz gelegt, der sich gerne mit mysteriösen Ermittlungen, skurrilen Charakteren und menschlichen Alltagsproblemen auseinandersetzt. Die bildliche Sprachstil ist erfrischend normal (Achtung, vor Kraftausdrücken wurde nicht zurückgeschreckt ;-) ) und reicht von humorvoll-ironisch bis zu herzpumpend-aufregend. Aber Vorsicht: wer sich leicht in seine fiktiven Helden verliebt, sollte erst prüfen, ob eine weitere Fortsetzung geplant ist – das sympathische Vater-Tochter-Ermittlerduo birgt Suchtgefar! **** Tipp Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich bereits um den zweiten Band der Paul Rokitansky-Reihe. Der erste ist am 5. Januar unter dem Titel „Ein Blick zu viel“ erschienen. „Tote Puppen“ lässt sich problemlos ohne Vorkenntnisse lesen. **** Daten Broschiert: 288 Seiten Verlag: Planet Girl; Auflage: 1. (10. August 2011) Sprache: Deutsch ISBN-10: 3522502213 ISBN-13: 978-3522502214 Vom Hersteller empfohlenes Alter: 13 - 16 Jahre Größe: 21,6 x 13,7 x 3,3 cm
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