Cover des Buches Xingu (ISBN: 0822212811)
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Rezension zu Xingu von Edith Wharton

Rezension zu "Xingu" von Edith Wharton

von sabisteb vor 12 Jahren

Rezension

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sabistebvor 12 Jahren
Zeitlose Satire über das Rezensionsunwesen 1916 treffen sich 6 Damen der Gesellschaft regelmäßig zum “Lunch Club”, um gemeinsam über Bücher zu diskutieren, und ihren Geist zu schärfen. Das gerade aktuelle Thema dieses Bücherclubs ist der Besuch einer Bestsellerautorin, die ihren Lesezirkel besuchen kommt und mit welcher sie ihr Werk diskutieren wollen. Dafür müssen alle Mitglieder sich ihre Gedanken zu dem Buch gemacht haben und dafür, müssen sie es auch gelesen haben! “Mrs. Ballinger is one of the ladies who pursue Culture in bands, as though it were dangerous to meet alone.” – Was für ein grandioser erste Satz. Es gibt nur wenige erste Sätze eines Buches, die einem in Erinnerung bleiben und schon in diesem ersten Satz vorwegnehmen, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Schon dieser Erste Satz sprüht vor Bissigkeit und Sarkasmus und so bleibt es auch den ganzen Rest der Geschichte. Worum geht es in dieser Geschichte? Vordergründig geht es um ein Frauenkränzchen, welches gemeinsam liest und eine erfolgreiche Autorin zum Mittagessen erwartet. Hintergründig jedoch nimmt Edith Warton das Rezensionsunwesen auf die Schippe, damals im kleinen Damenkreis, heute im Internet. Da gibt es die Leserinnen von Frauenromanen, die auch heute noch der gleiche Meinung wie Mrs. Roby sind: "Do they get married in the end?" Mrs. Roby interposed. "They—who?" the Lunch Club collectively exclaimed. "Why, the girl and man. It's a novel, isn't it? I always think that's the one thing that matters. If they're parted it spoils my dinner." Und wer kennt nicht die (amazon) Rezensenten, die man wohl am ehesten als sinnentleerte Phrasendrescher bezeichnen kann, die auch heute noch Sätze wie „the book is etched, not painted, yet one feels the colour-values so intensely....“ oder „In reading you we don't define, we feel.” von sich geben, während andere Leser der Meinung sind, wozu Rezensionen „Books were written to read; if one read them what more could be expected?” Die sechs Damen des Kränzchen stehen für auch heute noch bekannte Rezensententypen, wie der reine Leser, der über ein Buch nicht reden möchte, nicht Nichtleserin, die aber gerne zuhört, wenn andere über Bücher reden, der sinnfreie Phasendrescher, … Der Höhepunkt der Geschichte ist das komplett realitätsfremde diskutieren über ein Thema, von der keiner der Damen bis auf eine überhaupt wissen, um was es geht, aber jede hat etwas wichtiges, wortgewaltiges, gut klingendes zu sagen, das letztendlich sogar richtig ist und irgendwie passt, aber wohl eher durch Zufall den wirkliches Wissen. Diese Kurzgeschichte erschien 1916 in „Xingu and Other Stories“ zusammen mit weiteren sieben Kurzgeschichten. Warum diese Kurzgeschichte nun als einzelnes eBook angeboten ist, ist mir schleierhaft. Fazit: Zeitlose Satire über das Rezensionsunwesen, dass es wohl schon seit über 100 Jahren und nicht erst seit dem Internet gibt.
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