Edmund Schneeweis

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Cover des Buches Die Frauen des Hadschi (ISBN: B0000BNXQU)

Die Frauen des Hadschi

 (1)
Erschienen am 01.01.1957

Neue Rezensionen zu Edmund Schneeweis

Cover des Buches Das Fräulein (ISBN: 9783552073418)
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Rezension zu "Das Fräulein" von Ivo Andric

Klassiker
KataRafvor einem Jahr

Ich weiß gar nicht, wie viele Jahre »Das Fräulein« von Ivo Andrić genau vergriffen war. Meine stets gehütete 1958 bei Aufbau erschienene Taschenbuchausgabe für 1,85 DM fällt schon fast auseinander, weil ich sie immer mal wieder las. Entsprechend groß war meine Freude, dass Zsolnay nun die Übersetzung von Edmund Schneeweis noch einmal von Katharina Wolf-Grießhaber überarbeiten ließ und »Das Fräulein« mit einem Nachwort von dem Andrić-Biographen Michael Martens versah. Einzig das Nachwort enttäuschte mich etwas, da es eher anekdotenhaft auf Andrić eingeht und wenig auf die Ambivalenz des Literaten und machtnahen Diplomaten, dem neben großer Anerkennung für sein Werk auch Schweigen und Opportunismus vorgeworfen wird.

Rajka Radaković ist noch ein Kind, als ihr Vater stirbt. Der Vater, ein Kaufmann in Sarajevo, der vor dem ersten Weltkrieg bankrott geht und daran zerbricht, sagt ihr am Sterbebett, sie solle hart und konsequent gegenüber sich und anderen sein. So werde sie erfolgreich. Sie solle sich schützen vor dem weich sein, vor dem störenden Mitgefühl, das ihn zugrunde gerichtet hätte. Radaković strebt ihm nach, wird eine skrupellose Geldverleiherin und erwirtschaftet ein Vermögen, schon bevor sie volljährig ist. Sie ist Kriegsgewinnlerin und wird immer mehr eingenommen von der Gier nach mehr Macht, nach mehr Geld und noch mehr von dem Geiz, der Angst, es wieder zu verlieren.
Sie siedelt nach Belgrad über, eine in den Zwischkriegsjahren internationale und pulsierende Stadt, die sie anwidert. Einmal verliebt sie sich trotzdem, in einen Betrüger, danach zieht sie sich vollkommen zurück, macht ihr Herz eng, immer enger. Je älter Radaković wird, desto mehr Raum nimmt das Sparen ein. Wie besessen ist sie davon, was sie alles einsparen kann. Sie denkt immer mehr, dass an der Instandhaltung des Hauses, der Kleidung, dem Essen, der Gesundheit gespart werden kann, bis sie äußerlich und innerlich völlig verarmt. Ihr Herz hört vor Angst auf zu schlagen, als sie die Geräusche des Windes für einen Einbrecher hält. Was bleibt, ist eine kleine Zeitungsnotiz.
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Diese Zeitungsnotiz soll es wirklich gegeben haben, sie soll Andrić dazu inspiriert haben, dieses großartige Portrait einer unangepassten Frau zu schreiben. Auch heute kennen wir solche beunruhigenden Nachrichten, dass ein alter Mensch vereinsamt und vergessen stirbt. Der Blick von Andrić auf diese spröde Frauenfigur bleibt in »Das Fräulein« voller Sympathie und Liebe, die Umwelt reagiert auf sie mit Irritation, Wut und Ablehnung, da sich Rajka allen Konventionen widersetzt. Aber entgegen der bekanntesten geizigen Figur der westlichen Literaturwelt Ebenezer Scrooge von Charles Dickens, hält sich Andrić mit einer Moral oder Läuterung der geizigen Rajka zurück und liest sich dadurch erstaunlich modern, auch konnte ich nicht wie etwa bei Anna Karenina einen strafenden misogynen Blick auf Rajka Radaković spüren.


Cover des Buches Das Fräulein (ISBN: 9783552073418)
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Rezension zu "Das Fräulein" von Ivo Andric

Sparsamkeit schützt vor dem Tode nicht
lesehorizontvor einem Jahr

Mindestens vom Namen her dürfte der bosnische Schriftsteller und Nobelpreisträger Ivo Andric vielen Literaturbegeisterten ein Begriff sein. Er schrieb u.a. eine Trilogie, zu der neben dem "Fräulein" auch die Romane "Wesire und Konsuln" sowie "Die Brücke über die Drina" zählen. Für mich war "Das Fräulein" ein Reread, der jedoch sicher mein Verständnis für das Werk geschärft hat. 

Der Roman besteht aus drei Teilen und wird eingeklammert durch den Bericht vom einsamen Tod der Rajka Radakovic infolge eines Herzversagens. Dazwischen erfahren wir die Geschichte dieses Fräuleins. Sie ist erst 15, als ihr Vater, ein angesehener Geschäftsmann, erst bankrott geht und dann an Herzversagen stirbt. Auf dem Sterbebett noch nimmt er seiner Tochter das Versprechen ab, gut für sich und ihre Mutter zu sorgen und trichtert ihr ein, unerbittlich zu sein. Rajka nimmt ihren Vater nicht nur beim Wort, sondern treibt es mit der vom Vater anerzogenen Sparsamkeit auf die Spitze: Alle nicht zwingend notwendigen Ausgaben werden drastisch reduziert; Rajka schreckt nicht einmal davor zurück, einen lanjährigen Mitarbeiter zu entlassen. Ihre Mutter ist angesichts des Geizes ihrer Tochter fassungslos. 

Mit dem Attentat an Franz Ferdinand ändern sich die Zeiten, der Erste Weltkrieg bricht aus und mit diesem ändert sich die gesamte Weltordnung. Doch alles geht am Fräulein vorbei. Sie wird quasi von den Entwicklungen und der neuen Wertlosigkeit des Geldes überfahren. Rajka ist völlig ahnungslos, wie das Leben nun funktioniert und sorgt sich nur um ihr Geld. Später findet sie in Sarajewo zunächst bei Verwandten Zuflucht. 

Als sie sich, geblendet von der Liebe, von Ratko täuschen lässt und ihm Geld leiht, fällt sie mit dieser Großherzigkeit auf die Nase. Konsequenz daraus ist, dass sie noch verbitterter wird. Doch wohin ihr übertriebener Geiz führt, wurde zu Beginn bereits berichtet: sie stirbt einsam in Belgrad und wird von einem Briefträger tot aufgefunden.

"Das Fraulein" liest sich als Psychgramm einer Frau, die die Sparsamkeit auf die Spitze treibt und letztlich an den Konsequenzen stirbt. denn durch kein Geld der Welt kann man dem Tod entkommen. Jedoch könnte man durch ein weicheres Herz mehr Sorge für sich tragen. Mich hat die Geschichte des Fräuleins sehr in ihren Bann gezogen. Der Schreibstil und die Figurenzeichnung des Autoren sind meisterhaft und konnten mich begeistern. Ich musste oft an Molières Geizigen denken. Mit Rajka schuf Andric ein weibliches Pendant. Natürlich gibt es eine Moral von der Geschichte: Mit Geiz schadet man sich letztlich nur selbst. Das hat mich aber nicht gestört, im Gegenteil. 

Das Nachwort von Michael Martens fand ich zur Einordnung des Werkes hilfreich, auch wenn ich es schade fand, dass so stark auf die Frage des autobiographischen Gehaltes fokussiert wurde. Es schien Martens wohl wichtig, mit der fehlerhaften Einschätzung, Andric sei selbst ein Geizhals gewesen, aufzuräumen. 

So oder so: Ich bin froh, das Werk nochmals gelesen zu haben und empfehle es gerne weiter. 

Cover des Buches Das Fräulein (ISBN: 9783552073418)
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Rezension zu "Das Fräulein" von Ivo Andric

Porträt einer geizigen Frau
leseleavor einem Jahr

So könnte der Untertitel dieses 1945 im Original erschienen Roman des jugoslawischen Literaturnobelpreisträger Ivo Andrić lauten, der 1958 erstmal auch auf Deutsch verlegt wurde und nun 2023 vom Zsolnay-Verlag erneut übersetzt und herausgebracht wurde. Denn in diesem Untertitel würde tatsächlich der komplette Inhalt des knapp 270 langen Romans zusammengefasst werden: Andrić erzählt nämlich von Rajka Radaković, die zu Beginn des Romans als „alte Jungfer“ – von allen seit jeher deswegen auch nur „das Fräulein“ genannt – in einem heruntergekommenen Haus im Belgrad lebt. Diese Rajka ist tot wie die Leser:innen direkt auf der ersten Seite erfahren, doch wie es dazugekommen ist, berichtet Andrić bzw. sein auktorialer Erzähler mittels eines Rückblicks auf ihr Leben, das seit frühesten Jahren durch übertriebene Sparsamkeit und krankhaften Geiz geprägt war. Ihr Vater, einst ein erfolgreicher Kaufmann, der dann herben monetären Verlust einstecken muss, nimmt ihr am Sterbebett das Versprechen ab, auf sich selbst und das Geld der Familie zu achten, niemandem nachzugeben und der Sparsamkeit stets die Treue zu halten. Tatsächlich soll sich Rajka – mit einer nicht unwesentlichen Ausnahme – bis zu ihrem Tod daran halten, der selbst (ohne zu viel zu verraten zu wollen) unmittelbar mit ihrem Geiz verbunden ist.

Das Fräulein funktioniert als Charakterstudie einer – vor allem für die damaligen Zeit – untypischen Frauenfigur: Rajka hat so gar nichts Liebliches, Sorgendes oder Häusliches an sich, sondern ist hart zu sich selbst, vor allem aber gegenüber ihr Umfeld, inklusive der eigenen Mutter und Verwandtschaft. Der Sparsamkeit huldigt sie wie einem Götzen und lebt – und lässt leben, denn ihre Mutter bleibt nach dem Tod des Ehemannes von ihr abhängig – in übertriebenem Verzicht und selbstgewählter Isolation. Andrićs Erzählton hat dabei einerseits etwas Vergnügliches, da er sich ein bisschen Spott nicht verbeißen kann; andererseits verurteilt er Rajka nie, sondern versucht ihre Gedanken und Motivationen nachvollziehbar zu machen und zeigt, dass das zwar selbst auferlegte Leben durchaus durch ein kindliches Trauma hervorgerufen wurde: Der Held von Vater stirbt als verbitterter, armer Mann und nimmt seiner 15-jährigen Tochter ein Versprechen ab, das sie zu dem Zeitpunkt gar nicht wirklich überblicken kann.

Neben dem Figurenporträt sticht der Roman jedoch auch durch seine politisch-gesellschaftlichen Beschreibungen hervor. Obwohl Rajka versucht sich aus Politik und Gesellschaft herauszuhalten, kommt auch sie nicht darum herum, dass ihr Leben durch das Attentat in Sarajevo und den darauf ausbrechenden Ersten Weltkrieg beeinflusst wird. Gerade für westliche Leser:innen ist es spannend, darüber zu lesen, welche Auswirkungen das Attentat auf die bosnische Bevölkerung hatte und wie der jugoslawische Teil der Welt den Krieg erlebte. Zwar nimmt der Erste Weltkrieg in jeder Geschichtsschreibung hier seinen Ausgang, der Großteil fokussiert sich danach jedoch auf die Mittelmächte und Entente; die Region, in der alles seinen Anfang nahm und die durch starke Spannungen verschiedener Bevölkerungsgruppen geprägt war, wird hingegen ausgespart.

Andrić ist ein Großmeister intensiver Beschreibungen, die dem Roman Lebendigkeit und Dynamik verleihen. Dies ist auch nötig, da Das Fräulein an sich ein sehr dialogarmes Buch ist und man der titelgebenden Hauptfigur trotz Psychogramm emotional nicht nahekommt – auch weil sie in ihrer Darstellung insgesamt zu überzogen ist. Auch die oben beschriebenen historischen Umbrüche kann sich Andrić im Roman nicht so annehmen, wie ich mir das persönlich gewünscht hätte: Da seine Hauptfigur sich weigert, an der Welt, die sie umgibt, teilzunehmen und sich in die innere Isolation gegeben hat, sind nur kleine Ausbrüche des Erzählers möglich, der ansonsten seiner Hauptfigur nicht von der Seite weicht. 

Letztlich war bei mir jedoch der Schluss dafür ausschlaggebend, nicht die volle Punktzahl vergeben zu können: Die Entwicklung Rajkas im letzten Drittel – ihr einer großer Fehltritt – war mir zu schwach motiviert und mündet in für meinen Geschmack zu holprig und rasch erzähltes Ende. Es scheint beinahe, als wäre Andrić am Ende der Geschichte ein wenig die Luft ausgegangen, nachdem er doch zuvor detailreich und penibel aus dem Alltag des Fräuleins erzählt hat. Das nicht hundertprozentig geglückte Nachwort – wofür zugegebenermaßen der Autor nichts kann – gibt den letzten Anstoß, dieser Ausgabe schlussendlich nur 4 Sterne zu geben.

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