Cover des Buches Das dunkle Ende des Laufstegs (ISBN: 9783312010295)
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Rezension zu Das dunkle Ende des Laufstegs von Eduardo Mendoza

Ein Held ohne Geld und Waffen...

von Miamou vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein Krimi der anderen Art! Liebenswert, schelmisch und satirisch...

Rezension

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Miamouvor 7 Jahren
"Schon seit einiger Zeit arbeitete ich bei einem Chinarestaurant, ein Job, den ich zum einen ergattert hatte, weil ich aus Barcelona kam und die Stadt kannte, wie meine Westentasche, zum anderen, weil ich - für den Fall, dass die Polizei mich anhielt – nachweisen konnte, dass mit meinen Papieren alles in Ordnung war!“ So stellt sich der Protagonist zu Beginn von „Das dunkle Ende des Laufstegs“ vor. Eines Tage begegnet er bei einer seiner Auslieferungen einer älteren Dame mit einem Hund und erinnert sich, was vor gut 20 Jahren passiert ist, als ihm ein Mord in die Schuhe geschoben wurde und er alles daransetzte, die wahren Drahtzieher und Täter zu finden.

Der Roman gliedert sich in zwei Teile, wobei im ersten die Erinnerungen des Protagonisten (er bleibt namenlos) eine bedeutende Rolle spielen. Er erzählt von dem Mord an Senorita Baxter, seiner Rolle dabei und seiner Verfolgung durch die Polizei. Er erzählt, wie er verschiedenste Menschen kennenlernte, die ihn bei seiner Suche unterstützten und wie er sich trickreich Zugang zu den verschiedensten Informationen verschaffen konnte. Die Suche nach dem wahren Mörder treibt den Detektiv durch ganz Barcelona. Der zweite Teil spielt 30 Jahre später. Der Protagonist konnte seine Unschuld nicht beweisen und saß seine Gefängnisstrafe ab. Nun aber begibt er sich erneut auf die Suche nach dem Mörder von Senorita Baxter und trifft viele Bekannte wieder, die sich sehr unterschiedlich und ganz anders als man als Leser annehmen möchte, entwickelt haben.

Um es gleich mal vorwegzunehmen: Der Roman lässt sehr viele Lesarten zu – er ist Detektivgeschichte, Wirtschaftskrimi und gleichzeitig Sozialsatire. Die eigentliche Handlung, nämlich die Lösung des Mordfalls, tritt nie in den Hintergrund und trotzdem muss man bei diesem Buch zwischen den Zeilen lesen um es wirklich so richtig genießen zu können. Bisweilen habe ich wirklich Tränen gelacht, was vor allem an den wirklich gekonnt gezeichneten Charakteren lag, in denen der Autor aber gleichzeitig auch eine große Gesellschaftskritik übt. Der erste Teil des Buches spielt in der Zeit, als Spanien von der Diktatur in die Demokratie ging und ganz Barcelona befindet sich in einem euphorischen Aufbruch, wo alles möglich zu sein scheint. Besonders stark macht Eduardo Mendoza dies an der Figur der Senorita Westinghose fest, deren Träume fast schon ein hollywoodmäßiges Ausmaß annehmen. Der zweite Teil spielt im Barcelona von heute, wo diese damaligen Wünsche und Träume überhaupt keine Rolle mehr spielen. Ganz im Gegenteil: Die Figuren haben das genommen, was sie kriegen konnten und haben gefälligst damit zufrieden zu sein.

Hinterrücks gibt es verschiedenste Machenschaften, der distinguierten Gesellschaft Barcelonas, die schon fast mafiaähnliche Züge haben, wobei der Autor auch diese restlos durch den Kakao zieht. Die alteingesessenen Unternehmerfamilien in Barcelona wollten nach Ende der Diktatur ihr Geld nicht in Spanien investieren und transferieren es in die Schweiz. Dazu wird ein erfahrener Finanzexperte gesucht, der in Senor Magin gefunden wird. Als der Transfer jedoch auffliegt, wird dieser zum Ausgestoßenen und trotzdem wird von den Unternehmensfamilien alles darangesetzt ihn warmzuhalten, da er das Geld ja auch irgendwie wieder zurücktransferieren muss.

Nachdem sich in der Geschichte ein sehr fein gesponnenes Netz aus Verdächtigungen und Vermutungen herausgebildet hat, glaubt man schon fast, dass Senorita Baxter ein Opfer der Stadt Barcelona geworden ist. Doch dann endet der erste Teil mit einem Knalleffekt. Aber auch der zweite Teil lässt am Ende keine Wünsche offen. Alle, wirklich alle, egal ob arm oder reich werden zur Rechenschaft gezogen.

Wie bereits erwähnt, ist das Buch eines, über das man wirklich lachen kann, obwohl die Themen darin an sich gar nicht zum Lachen sind. Eduardo Mendoza hat einen unglaublich pointierten und sehr sarkastischen Schreibstil, nicht nur was die Aussagen seiner Figuren betrifft, sondern auch wie er sie in treffendster Weise beschreibt. Sie sind zum Teil ein Widerspruch in sich und gleichzeitig auch sehr charmant – schelmisch dabei.

Da ich Bücher dieser Art sehr gerne mag, konnte dieses hier vollends bei mir punkten und ich habe es daher in kürzester Zeit ausgelesen. Von mir gibt es daher eine unbedingt Leseempfehlung. Ich freue mich schon auf weitere Bücher dieses Autors.
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