„Was ihren neuen Sound betraf – zuerst einmal war er laut, so laut, dass die Musik einem den Verstand erst aus dem Schädel hinaus und ihn dann wieder hinein blies. Zum zweiten war er elektrisch. Gitarre, Saxofon, Trompete und Schlagzeug wurden von einem halben Dutzend Instrumente begleitet, die noch nie jemand gesehen oder gehört hatte, außer vielleicht in Dr. Frankensteins Laboratorium im Nachtprogramm.“
(James Wade: Das Schweigen der Erika Zann)
Brian Lumley: Die Gruft der Großen Alten (The Fairground Horror, 1976)
Während Anderson Tharpe als fahrender Schausteller das Kuriositätenkabinett seiner Eltern weiter betreibt, begibt sich sein jüngerer Bruder Hamilton lieber auf Reisen. Von dort bringt der esoterisch interessierte Abenteurer einige skurrile Dinge mit, doch sind diese kaum geeignet, das Familiengeschäft zu bereichern. Die Skulptur eines scheußlichen Tintenfischs mit Flügeln ist doch „zu phantastisch, um sie einem modernen und skeptischen Publikum darzubieten.“
Hamilton gibt sich seinem Bruder gegenüber als Priester des Cthulhu zu erkennen. Ein Streit entbrennt, in dessen Verlauf Anderson seinen Bruder tötet. Doch die Lücke muss geschlossen werden. Immer mehr beginnt sich Anderson für die Relikte und Bücher zu interessieren, die Hamilton gehortet hat und immer zahlreicher und deutlicher werden die Alpträume, die ihn heimsuchen.
James Wade: Das Schweigen der Erika Zann (The Silence of Erika Zann, 1976)
Bei seinem Bummel durch San Francisco erinnert sich der Erzähler an das „Purple Blob“, ein Musikclub, der vor allem für seine psychedelischen Light-Shows bekannt war. Zumindest bis „The Electric Commode“ mit ihrer Sängerin Erika Zann dort auftauchen. Waren die Shows der Band zu Beginn eher unspektakulär, hat sich das mit der Beteiligung neuer Musiker geändert. Plötzlich waren in den Stücken Töne und Geräusche zu hören, die kein Instrument und keine menschliche Stimme je hervorbringen kann.
Bob Van Learhoven: All-Auge (All-Eye, 1976)
In den schier unendlichen kanadischen Wäldern lernt der Arzt Egmers den Studenten Defgas kennen, als dieser ihm voller Panik im wahrsten Wortsinn in die Arme stolpert. Defgas war mit einem indianischen Führer auf der Suche nach dem Versteck des „All-Auges“, der Statue einer heidnischen Seegottheit, die eher auf ein Inselvolk als Jünger schließen lässt, als auf die Urbewohner der weiten kanadischen Wälder. Während ihrer nächtlichen Rast hörten sie die Geräusche eines riesenhaften Verfolgers, der Indianer beginnt sich zu verändern und Defgas floh Hals über Kopf in die Wälder.
Ramsey Campbell: Der Wanderer (The Tugging, 1976)
Während die Zeitungen von einem fremden Planeten berichten, der unser Sonnensystem durchfliegt, verliert der Journalist Ingels offenbar immer mehr die Kontrolle über seinen Alltag. Das Gemälde einer unterseeischen Stadt erinnert ihn an verstörende Träume aus seiner Kindheit und daran, dass auch sein Vater diese Träume hatte. Versteckte Räume im Dachgeschoss eines verlassenen Theaters gewähren im schließlich einen Blick auf den vorbeiziehenden Himmelskörper.
Walter C. DeBill jr.: Wo Yidhra geht (Where Yidhra Walks, 1976)
Ein Unwetter zwingt Peter Kovacs in dem kleinen Ort Milando haltzumachen und zu übernachten. Das Gerede über einen Indianerstamm, der in der Gegend eine Kultstätte hatte und die Aufzeichnungen eines spurlos verschwundenen Studenten, wecken das Interesse des Neuankömmlings. Es scheint, als wäre der Kult immer noch aktiv und als würde die geheimnisvolle Yolanda, die trotz ihrer Jugend offenbar die Geschicke von Milando lenkt, eine zentrale Rolle spielen.
MEINUNG
„Cthulhu‘s Schüler“ bietet die ersten 5 Geschichten der Originalsammlung „The disciples of Cthulhu“, die von Bastei in 2 Bände aufgeteilt wurde; „Cthulhu’s Kinder“ beinhaltet den zweiten Teil.
Die Geschichtenauswahl ist insgesamt eher durchwachsen zu nennen und teilt die Merkmale vieler Lovecraft-Pastiches, die sich auf Name-Dropping und der oberflächlichen Abarbeitung von Klischees ausruhen. Ab und an kann man die Euphorie erahnen, den die Autoren beim Weiterspinnen bekannter Motive hatten („Die Gruft der großen Alten“, „Das Schweigen der Erika Zann“), der Schrecken der bei Lovecraft zwischen den Zeilen lauert und den man als Leser nur erahnen kann, können sie allerdings kaum vermitteln.
Augenfällige Ausnahme ist Ramsey Campbell, dem es gelingt, lovecraftsche Motive in seinem eigenen, diffusen Stil zu adaptieren, einiges unausgesprochen zu lassen und damit ein Gefühl latenter Unsicherheit aufzubauen.
Das Bändchen mit knapp 200 Seiten ist schnell durchgelesen und man kann es als Kind seiner Zeit und ohne allzu hochgeschraubte Erwartungen der Vollständigkeit halber in die Leseliste aufnehmen, wenn einem das Material von Lovecrafts Zeitgenossen ausgeht.