Rezension zu "Egon Friedell: Die Rückkehr der Zeitmaschine" von Egon Friedell
"Die Zeitmaschine" von Wells lässt ja an ihrem Ende einiges offen. Was wird nun aus dem Zeitreisenden? Was erlebt er in der Vergangenheit? Und wie heißt er eigentlich? Denn Wells verrät noch nicht einmal den Namen des Protagonisten seines Erfolgsromans. Und auch die physikalische Theorie hinter den Reisen kommt etwas zu kurz. Also erlaubt sich Friedell, hier einfach nachzubessern. Aber immer mit viel Erfurcht vor dem Original. Und immer mit genug Ironie, um einen Satz zu schreiben und im nächsten Satz das Gegenteil vom ersten Satz zu unternehmen. Man darf nichts zu ernst nehmen in diesem Buch.
Das ganze wird im Rahmen eines fiktiven Briefwechsels mit Wells und Figuren aus "Die Zeitmaschine" erzählt, womit Friedell dem Leser auch klar macht, dass die Zeitmaschine natürlich keinesfalls fiktional ist. Was dann folgt, ist wie die Vorlage auch, kein Actionthriller. Es geht eher um viktorianische Forschungsatmosphäre und zweitens um die Prognose einer Zukunft, die so gar nicht in unsere Vorstellungen von der Welt passen will. Natürlich ist die Zukunft, die Friedell hier prophezeit, ganz anders als die von Wells. Wer mehr von Friedell gelesen hat, der wird nicht überrascht sein.
124 Seiten, die sich schnell und unterhaltsam lesen, das ist das mindeste, was man von diesem Buch erwarten kann. Für Fans von Wells und Friedell ist das aber mehr, nämlich eine Entdeckung eines kleinen, literarischen Schatzes, der beinahe in den Wirren der Geschichte verloren gegangen wäre.
Erscheinen konnte auch dieses kleine, sehr witzige Buch von Friedell nicht mehr zu seinen Lebzeiten.