Kel lebt als Waise in erbärmlichen Umständen, bis eines Tages der Statthalter Vardan auf das Waisenkind trifft und es seine Obhut nimmt. In Jaerik findet das Waisenkind darüber hinaus einen "Bruder" und ihnen steht gemeinsam eine Ausbildung in der angesehenen Tempelschule des Westens bevor.
Doch da gibt es ein Problem. Kel birgt ein Geheimnis. Sie ist ein Mädchen, die in einer Männerwelt lebt, in der Frauen der Zugang zu Privilegien wie zB Bildung verwehrt ist. Darüber hinaus ist sie auch noch eine weibliche Magieträgerin und daher in der von der Autorin geschaffenen und sehr glaubhaft aufgebauten Welt besonders gefährdet. Denn in dieser gilt die Überzeugung: "Frauen bringen nur Chaos und Unheil", und somit erst recht Frauen, welche so mächtig sind, dass die Magie wirken können.
Das ist die Ausgangssituation eines Buches, das auf so vielen Ebenen berührt und alle Sinne anspricht. Denn die Autorin wirkt Magie mit ihren Worten, ihren Beschreibungen, sowohl ihres Worldbuildings als auch den einzelnen Charakteren, detailliert und präzise gleichermaßen. Sie erzeugt auf unglaublich schöne Weise unterschiedliche Gefühle und Wahrnehmungen beim Leser. Kurzum, ein Leseerlebnis, das wirklich alle Sinne anspricht und im Herzen berührt.
Allen voran Kel, die ich mehr als einmal in den Arm nehmen wollte. Und am Ende des Buchs angelangt war sie nichts weniger als eine neue Heldin für mich, ebenso wie Maira und Liva. Doch auch die männlichen Protagonisten stahlen sich in mein Herz, allen voran Aris, mit seinem Wunsch nach Selbstbestimmung. Und unter anderem ist das auch eines der zentralen Motive in dem Buch, zusammen mit dem Fokus auf die Kraft des Weiblichen (sowie den Ängsten davor).
Mehr als einmal drängten sich mir beim Lesen Vergleiche zu "Die Nebel von Avalon" auf, ein Buch, welches ich sehr gern mochte und mehrfach gelesen habe. Mit dem Unterschied, dass ich das Buch von Eileen Schlüter um Klassen besser finde, sowohl sprachlich, als auch stilistisch, mit dem, was sie als Lösung anbietet, und ihren so berührenden, liebevoll gezeichneten Protagonisten.
Ein wunderschönes Buch und ich freue mich wirklich sehr, in Kel eine Frauenfigur gefunden zu haben, mit der ich mich voll und ganz identifizieren kann bzw. möchte.
Der Schluss lässt erahnen, dass es noch eine weitere Erzählung geben wird. Der sehe ich mit Spannung entgegen.