Der "neue Mann" nach der feministischen Bewegung
von Sokrates
Rezension
Elisabeth Badinter, französische Professorin für Philosophie und Soziologie, hat sich in diesem Buch mit der Frage der männlichen Identität nach dem Feminismus beschäftigt. Erschienen ist das Buch auf Deutsch 1992; damit erklärt sich auch seine Relativität für eine mögliche Verwertung in heutiger Zeit. Spätestens Ende der 1980er Jahre erfuhr das Männerbild einen grundlegenden Wandel. Der Feminismus hatte sich emporgekämpft; ein neues weibliches Selbstverständnis weitgehend etabliert. Die Ergebnisse dieses Vorganges werden von uns heute unhinterfragt gelebt. Dass die Verschiebung der Geschlechterrollen dennoch stattgefunden hat – nämlich zu Lasten der bis dato unhinterfragten Männerrolle – zeigen die von Badinter aufgezeigten Rollenerwartungen gegenüber dem männlichen Geschlecht. Was vor zwanzig Jahren noch gelebter – dann aber zunehmend hinterfragter – Konsens war, ist heute allgemeine Überzeugung. Männer dürfen, wenn sie möchten, Schwäche zeigen. Homosexualität wird nicht mehr als „Abweichung“ empfunden, sondern ist eine gleichberechtigte sexuelle Orientierung neben der Heterosexualität. Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen dieses Titels haben sich die Rollenbilder und -erwartungen in erheblichem Maße aneinander angeglichen: das kann man am Ende des Buches positiv feststellen. Für die geschlechtergeschichtliche Forschung bleibt Badinters Buch dennoch ein Leuchtturm, denn sie skizziert für die 1990er Jahre den Stand der gesellschaftlichen Diskussion, eingebunden in einen soziokulturellen Kontext, aus dem heraus viele der bis dato unhinterfragt gültigen Stereotype ihre Berechtigung erfahren hatten.