"Wie kannst du für unerheblich erklären, was du mir angetan hast? Du hast meinem Körper auf jede erdenkliche Art Narben zugefügt, am Rücken, am Hals, an den Händen. Ich habe sogar eine Narbe im Mund, dort, wo du mir einmal mit einer Haarnadel durch die Wange gestochen hast. Ich bin wie ein Stück Pergament, auf dem überall dein Name geschrieben steht, so oft, daß er unleserlich geworden ist."
Es gibt Bücher, die lassen einen nicht mehr los. So wie Elizabeth E. Weins ganz eigene Version der Artuslegende: hier erzählt Mordret/Medraut, in einem an seine Mutter gerichteten inneren Monolog, seine Geschichte: seine verzweifelte Suche nach der Anerkennung seines Vaters, seine Haßliebe zu seinem Bruder Lleu, dem legitimen Thronerben, seine Verstrickung in die Intrigen seiner faszinierend-schrecklichen Mutter Morgause. Weins Medraut ist zerrissen, getrieben, verwundet, Heiler und Jäger, und doch kein hilfloses Opfer, sondern ein notwediger Teil des Dramas, das auch in diesem Buch unausweichlich ist.
Weins Sprache ist dicht und poetisch. Mit wenigen Strichen skizziert sie ein nach-römisches Britannien, einzig zusammengehalten durch Artus' Persönlichkeit, sein Untergang vorgezeichnet. Ihr Britannien steht an der Schwelle des Christentums, noch durchdrungen von uralten heidnischen Bräuchen, und so spiegelt sich im Buch Medrauts und Lleus Geschichte in dem Mythos um Lleu Llaw Gyffes, dem Sonnengott, der sterben muß, um die Jahreszeitenfolge nicht zu unterbrechen.
Das Ende von "Der Winterprinz" bleibt offen - vorerst. Im leider bisher nicht in deutscher Übersetzung erhältlichem Folgeroman "A Coalition of Lions", der eigentlich die Geschichte von Lleus Zwillingsschwester Goewin im christlichen Ethiopien erzählt, führt Elizabeth E. Wein ihre Artuslegende auf den ersten Seiten zu einem sehr konsequenten Abschluß. Mit einer Wendung, die wenige Kapitel später sprachlos macht.
Elisabeth E Wein
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Neue Rezensionen zu Elisabeth E Wein
Was für ein Jugendbuch - ein Fund bei Jokers. In ihrem Debut hat Elizabet Wein die Artussage fernab jeglichem Fantasy-Kitsch als innerfamiliäres Drama umgedeutet. Der uneheliche Sohn Artus', Merdreut, wurde im Inzest gezeugt und deshalb bei seiner Mutter Morgause, der Schwester des Königs, belassen. Artus' ehelicher Sohn Lleu erscheint zunächst zu schwach, um einmal König zu werden. Nachdem er die Welt bereist hat, kehrt Merdreut an den Hof seines Vaters zurück, um fertig erzogen zu werden. Immer noch wird er verfolgt von der merkwürdig ambivalent-grausamen Erziehung durch seine Mutter, die ebenfalls weiter Intrigen zu spinnen versucht. Schließlich kommt es zu einem erbitterten Machtkampf zwischen Merdreut, Lleu und Morgause.
Das Buch ist der Wahnsinn. Mit einem reduzierten Ensemble wird ein psychologisches Drama durchgespielt, das aber nie trocken wirkt. Die innere Spannung der Handlung bleibt durchgehend aufrecht und gibt auch den kleinen Szenen Bedeutung. Das Finale verzichtet ebenfalls auf großes Getöse, endet aber mit einem bezaubernden Bild. Der Sommer ist eigentlich nicht die richtige Jahreszeit für dieses Buch, man sollte es im Winter um Weihnachten herum lesen - warum, werdet ihr sehen, wenn ihr es selbst lest.
Elizabeth E. Wein hat die Arthussaga neu erschaffen und zwar auf einer sehr realischtischen Ebene. Es ist ein Buch, in dem Medraut, der uneheliche Sohn von König Arthus und seiner Schwester, im Mittelpunkt steht. Wir nehmen an seinem inneren Konflikt teil zwischen dem Neid auf seinen ehelichen Halbbruder, der bald König werden soll, und dem verzweifelten Kampf um Anerkennung trotz seiner unsittlichen Geburt.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich hätte mir nicht vorgestellt, dass man die Arthussaga auch ohne Excalibur und Merlin erzählen kann.
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