Rezension zu Donnerstags bei Kanakis von Elisabeth de Waal
Resi und der Selbstverrat
von Ginevra
Kurzmeinung: Ein gesellschaftskritisches Familiendrama, einfach wunderbar erzählt
Rezension
Ginevravor 10 Jahren
Wien, 1954/ 1955: die junge Marie-Theres Larsen, Tochter adliger Wiener Emigranten, fühlt sich im betriebsamen New York nicht wohl. Ihre besorgte Mutter schickt sie zur Erholung in die österreichische Provinz: zu ihrer Schwester und deren Familie. In der schlichten, natürlichen Umgebung scheint sich die bildhübsche Marie-Theres, genannt Resi, tatsächlich zu regenerieren, und bald wird sie von jungen Männern umschwärmt. Keiner jedoch erweckt ihr Interesse - bis sie in Wien auf den dekadenten, mittellosen jungen Fürsten Lorenzo trifft. Dieser ist Hausfreund des reichen Griechen Kanakis und organisiert dessen illustre Gesprächsrunde, die sich donnerstags in im feudalen Rokoko-Palais zusammenfindet...
Die Autorin Elisabeth de Waal, geb. 1899 in Wien, 1991 gestorben, war selbst Tochter einer einflussreichen jüdischen Familie, die im 2. Weltkrieg emigierte und nach dem Krieg bittere Erfahrungen mit den österreichischen Behörden machen mussten - die versprochene Einhaltung der Reparationsgesetze entpuppte sich als Spiessrutenlauf.
Die Doppelmoral der Nachkriegsgesellschaft in allen Schichten ist das Hauptthema dieses Romans.
Wien, 1954/ 1955: die junge Marie-Theres Larsen, Tochter adliger Wiener Emigranten, fühlt sich im betriebsamen New York nicht wohl. Ihre besorgte Mutter schickt sie zur Erholung in die österreichische Provinz: zu ihrer Schwester und deren Familie. In der schlichten, natürlichen Umgebung scheint sich die bildhübsche Marie-Theres, genannt Resi, tatsächlich zu regenerieren, und bald wird sie von jungen Männern umschwärmt. Keiner jedoch erweckt ihr Interesse - bis sie in Wien auf den dekadenten, mittellosen jungen Fürsten Lorenzo trifft. Dieser ist Hausfreund des reichen Griechen Kanakis und organisiert dessen illustre Gesprächsrunde, die sich donnerstags in im feudalen Rokoko-Palais zusammenfindet...
Die Autorin Elisabeth de Waal, geb. 1899 in Wien, 1991 gestorben, war selbst Tochter einer einflussreichen jüdischen Familie, die im 2. Weltkrieg emigierte und nach dem Krieg bittere Erfahrungen mit den österreichischen Behörden machen mussten - die versprochene Einhaltung der Reparationsgesetze entpuppte sich als Spiessrutenlauf.
Die Doppelmoral der Nachkriegsgesellschaft in allen Schichten ist das Hauptthema dieses Romans.
Neben dem Sittengemälde rund um Liebe und Moral gewinnen wir Einblick in den Antisemitismus, der giftige Blüten treibt. So treffen wir auf den Biologie-Professor Dr. Krieger, der seine gefährlichen Substanzen "nicht an Juden, sondern nur an Zigeunern" getestet hat, und der mit allen Mitteln versucht, dem jüdischen Professor Adler das Leben schwer zu machen.
Auch der katholische Pater Jahoda schwingt sich zum Hüter der Moral auf - die er wenig später selbst verrät.
Für mich ist dieser Roman aus dem Nachlass der Autorin eine echte Entdeckung: der Erzählstil erinnerte mich an Jane Austen, die Handlungsstränge sind kunstvoll miteinander verwoben und bergen jede Menge Überraschungen. Am Ende wendet sich das Blatt noch einmal auf tragische Weise, und ein intriganter Plan geht nicht auf.
Fazit: 5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung für alle, die gerne literarische Werke und Klassiker aus der Nachkriegszeit lesen. Ein wundervoll geschriebenes Buch, gut, dass es gefunden wurde!