Elk von Lyck

 4,3 Sterne bei 12 Bewertungen
Autor*in von Die Auswerterin, Die Frau am Fenster und weiteren Büchern.

Alle Bücher von Elk von Lyck

Cover des Buches Die Auswerterin (ISBN: 9783844816143)

Die Auswerterin

(7)
Erschienen am 14.05.2013
Cover des Buches Die Frau am Fenster (ISBN: 9783839164303)

Die Frau am Fenster

(5)
Erschienen am 30.12.2013
Cover des Buches Hundert Jahre Liebe (ISBN: B01FSHVJ6S)

Hundert Jahre Liebe

(0)
Erschienen am 16.05.2016

Neue Rezensionen zu Elk von Lyck

Cover des Buches Die Auswerterin (ISBN: 9783844816143)
Emerenzs avatar

Rezension zu "Die Auswerterin" von Elk von Lyck

Emerenzvor 12 Jahren
Eine junge Generation schreibt über Europas Kriege

Das Thema Auschwitz wird hier auf neue Weise angegangen, von weit weg, aus England, aus der Luft und mit etwas Hoffnung auf Rettung versehen. Was wäre, wenn es die Auswerterin Emily tatsächlich gegeben hätte? Ihr mutiger Einsatz ist wie ein heller Schimmer am Ende eines Tunnels. Emily ist ein universaler Charakter.

Emily Brown ist eine vom Autor erfundene Figur, eine handelnde "Privatperson". Sie ist zwar eine unsichere, aber dennoch couragierte Frau, die durch ihre Tätigkeit - das Auswerten von militärischen Luftbildern - zu geheimen Informationen Zugang hat. Sie ist beseelt von einer großen Liebe zu den Menschen, egal welcher Nationalität, und auch zur Wahrheit, die sich oft hinter Kriegslügen verbirgt.

Mit Arthur T. Harris erweckt der Autor eine historische Figur zum Leben: Harris ist ein Oberbefehlshaber, ein kühler Kopf, der sich in diesem Weltkrieg auf der Seite der "Guten" stehen sieht, für sich also die Rolle des "good guy" in Anspruch nimmt, das lässt er sich in dem langen Gespräch mit Emily nicht nehmen.

"Die Auswerterin" ist ein Buch über eine Luftbildauswerterin der britischen Royal Airforce im Zweiten Weltkrieg. Sie entdeckt 1944 bei ihrer Arbeit auf einem Luftwaffenstützpunkt das Konzentrationslager auf Luftbildern und will eine Hilfsaktion einleiten: die Bombardierung der Bahnanlagen des Lagers aus humanitären Gründen. Elk von Lyck, ein junger deutscher Autor, lässt in seinem Buch reale Fakten und Fiktion aufeinandertreffen und bietet damit einen neuen Standpunkt an, um den Lauf der europäischen Geschichte zu beurteilen. Von der ersten Seite an wird man in das Geschehen hineingezogen, das heißt nicht nur in die Handlung, sondern auch in die Historie Europas.

Emily Brown fälscht Einsatzpapiere. Dann will sie mit einer Waffe in der Hand den Oberbefehlshaber der britischen Luftstreitkräfte, Arthur T. Harris, zwingen, den falschen Befehl zu unterschreiben. Sie will Harris in seinem Büro so lange festhalten, bis die Bomber tatsächlich Auschwitz erreichen. In den Stunden, in denen die Frau den Oberbefehlshaber bedroht, kommen beide miteinander ins Gespräch. Es entwickelt sich ein Streit über Kriegführung und deren strategische oder "humanitäre" Ziele. Von zwei weiteren Personen wird in dem Buch erzählt: Vom britischen Pilot Derek Walker, der als Aufklärer Auschwitz erkundet und die Fotos zum Auswerten liefert, sowie von dem kleinen jüdischen Jungen Jacques aus Reims, der nach Polen deportiert wird.

Mit ihren unterschiedlichen Weltanschauungen streiten Emily und Harris über die Machtgeflechte der Staaten und Völker in dem von zwei Weltkriegen überzogenen Europa, über die Zerschlagung einzelner Staaten (z.B. Polen, Ungarn), über den verbrecherischen Umgang mit "missliebigen" Menschen, den Emily mit ihrer Aktion stoppen will. Europas spannungsgeladene Geschichte wird verhandelt, England, Frankreich, Polen, Italien, Deutschland und darüber hinaus: Wie viele Staatenbündnisse brachten verheerende Folgen mit sich? Emily und Harris reihen historische Fakten aneinander, diskutieren, wo eine Provokation eine Gegenwehr oder einen Rachefeldzug hervorrief. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs mündeten die Verletzungen oder gestörten Befindlichkeiten einzelner Nationalstaaten in Europa meistens in Feldzüge. 1944 streiten sich Harris und Emily darüber, ob das immer so sein muss.

Es ist aufschlussreich, diesem Schlagabtausch zu folgen und ihn zu interpretieren, zum Beispiel so: Harris hegt Sympathie für Nationen, die sich zur Wehr setzen und so zwangsläufig zu "Tätern" werden. Dagegen zeigt Emily ihre Ablehnung für sämtliche Täter, weil Täter stets neue Opfer hervorbringen.

Im Buch vergeht Stunde um Stunde im Schatten von Auschwitz: Wird Emilys "humanitäres Bombardement" gelingen und Harris mit dem Leben davonkommen?

Sowohl Emily als auch Harris erweisen sich in ihrem Streitgespräch als ausgezeichnet informiert, bei Emily fragt man sich gelegentlich, wie sie an alle diese Informationen gelangt sein kann. Doch das tritt in den Hintergrund, schließlich ist es ein Buch mit einem fiktiven Diskurs, der sich bis zur höchsten Frage der Moral zuspitzen lässt: Ist der Mensch gut oder böse? Ist Harris nun ein "bad guy"? Oder ist es Emily, weil sie eine Waffe auf ihn richtet, um ihr Ziel zu erreichen?

Fazit: "Die Auswerterin" ist mit ihren 125 Seiten kein dickes Buch - es ist beachtlich, wie viele Anknüpfungspunkte für historische und philosophische Betrachtungen man darin findet. Dabei ist es spannend geschrieben und erfreut an vielen Stellen mit überaus präzisen Beschreibungen.

Cover des Buches Die Auswerterin (ISBN: 9783844816143)

Rezension zu "Die Auswerterin" von Elk von Lyck

Ein LovelyBooks-Nutzervor 12 Jahren
Rezension zu "Die Auswerterin" von Elk Von Lyck

Inhalt
Selbst wenn man sich „nur“ in der Schule mit dem Thema Nationalsozialismus beschäftigt hat und anschließend eventuell noch ein wenig selbständig weiterdenkt, gelangt man irgendwann zu der Frage, ob die Alliierten von den Konzentrationslagern gewusst haben. Teilweise wird dieses Thema heutzutage auch schon direkt angesprochen. Viele umschiffen allerdings diese Klippe, weil sie mit ja beantwortet werden muss und unweigerlich die Frage darauf folgt, warum sie dann nicht eingegriffen haben.

Diese Frage hat auch den Autor Elk von Lyck beschäftigt und er thematisiert diese nun in seinem Buch "Die Auswerterin".
Ähnlich wie Hochhuth in seinem Stellvertreter lässt er eine Hauptfigur Fragen stellen, die aus ihrem Innersten herauskommen und mit den oben genannten Gedanken korrespondieren. Wie Riccardo Fontana bei Hochhuth, kann auch Lycks Protagonistin Emily Brown die Augen nicht länger verschließen und entscheidet sich daher zu handeln.

Als Auswerterin von Luftbildern hat sie viel Leid gesehen, dass aus ihrer Sicht häufig Unrecht darstellt. Eines Tages entdeckt sie auf einigen Bildern einen größeren Gebäudekomplex, der als Auschwitz identifiziert wird. Das Gesicht eines Jungen, der das Aufklärungsflugzeug wohl für einen Retter hielt, lässt sie nicht mehr los und regt sie zu weiteren Nachforschungen an. Die Erkenntnis, dass in dem Lager Menschen in hoher Zahl umgebracht werden schockiert sie. Natürlich leitete sie diese Information, die sie für eine Neuigkeit hält, an ihren Vorgesetzen weiter. Kurze Zeit später stellt sie aber fest, dass von der britischen Seite nichts gegen die Vernichtung unternommen wird. Daher sieht sie nur noch einen Ausweg: Arthur Harris, der Chef des britischen Bomberkommandos, muss den Befehl zur Zerstörung des Lagers oder zumindest der Zufahrtswege geben. Dies kann sie, die eigentlich jede Form von Gewalt ablehnt, nur mit Waffengewalt erreichen.

Struktur des Textes, Sprache und Stil
Von Lyck beginnt seine Erzählung mit dem Tag, an dem Emily ihren Plan in die Tat umsetzt. Nur langsam erfolgt für den Leser eine Erklärung für ihre Handlungen. Dies geschieht zunächst über drei Handlungsstränge, die sich alle in irgendeiner Weise im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz überschneiden. Emilys Geschichte bildet hierbei natürlich den Hauptstrang, der auf der einen Seite von den Erzählungen eines Piloten flankiert wird. Dieser ist als Aufklärer tätig und soll eine Fabrik genauer unter die Lupe nehmen. Dabei überfliegt er Auschwitz, welches seine Neugier weckt. Entgegen aller Befehlen überfliegt er das Lager in einer geringen Höhe und macht diverse Bilder, die später von Emily ausgewertet werden müssen. Dabei entdeckt sie auf einer Aufnahme den oben genannten Jungen. Die Geschichte seiner Deportation bildet den dritten Erzählstrang.

Nachdem die beiden Nebenerzählungen beendet sind und Emily Harris bereits in ihrer Gewalt hat, entspinnt sich ein Gespräch zwischen den beiden. Dies bildet den wichtigsten Teil des Buches, da beide Figuren immer wieder Rückblenden wiedergeben, ihre eigenen Motive erläutern, aber auch in ein Streitgespräch treten, welches viele moralische Aspekte anspricht und das diskutieren von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen mit sich bringt.

Diese thematische Komplexität wird in einer sehr verständlichen Sprache vermittelt, welche schnell einen angenehmen Lesefluss erzeugt. Begriffe, die aus dem militärischen Bereich stammen, werden zudem umfangreich erläutert und lassen eigentlich keine Fragen zurück.

Ein häufiges Eintauchen in die Gedankenwelt der Protagonistin führt sogar an einigen Stellen zu einer engen Bindung zwischen dem Leser und der Figur. Man glaubt sie genau zu kennen, und es stellt sich das Gefühl ein, dass man mit ihr verschmilzt und selbst Arthur Harris gegenübersteht. In solchen Momenten wirkt die Informationsflut, die sich über dem Leser ergießt, eher kontraproduktiv. Es steht völlig außer Frage, dass sich der Autor umfangreich mit dem Thema befasst hat. Aber als Leser hat man teilweise den Eindruck, dass er unbedingt alles, was er im Vorfeld durch Recherchen erfahren hat, unbedingt unterbringen möchte. Die Art und Weise wirkt zunächst sehr hölzern, verändert sich aber innerhalb des Werkes positiv. Die Informationsfülle bleibt allerdings bestehen. Und gerade in den Dialogen, in denen Emily und Harris mit Zahlen und Ereignissen um sich werfen, kann dies zu einer Ermüdung des Lesers führen. Nimmt man jedoch etwas Abstand und betrachtet besonders diese Unterhaltung aus einer Art Metaperspektive, erkennt man Bewegungen, die an einen kleinen Tanz erinnern. Harris und Emily wirken wie zwei Teilchen, die trotz einer gewissen Entfernung aufeinander zugehen, sich wieder abstoßen und Eigenbewegungen vollführen. Dieser Reigen wiederholt sich mehrfach auf unterschiedlichen Ebenen. Dabei bleibt Emily stets die Hüterin der Moral, die alles infrage stellt und Veränderungen herbeiführen will. Arthur Harris ist hingegen die Verkörperung von Arroganz und Macht, der Fehler nicht eingestehen will und nur den eigenen Weg als richtig ansieht. Irgendwann trennen sich diese beiden Menschen und der Leser wird recht aufgewühlt und mit einer Menge fremder Gedanken zurückgelassen, die zu einem Überdenken des eigenen Handelns führen.

Gesamteindruck
Obwohl ich während des Geschichtsstudiums viele der im Buch vorliegenden Fakten kennengelernt habe, hat es mich erneut zum Nachdenken gebracht. Auch weil ich mich mit der Kernaussage, dass eigentlich kein Mensch von Grund auf böse sei, in anderen Bereichen schon länger beschäftige und eine begründete Übertragung der Theorie auf Personen und Ereignisse der nationalsozialistischen Zeit spannend finde. Dieser Übertrag und das hier vorliegende Ergebnis mögen einigen Menschen gewagt erscheinen. Eine Auseinandersetzung mit ihnen ist aber spannend und sinnvoll. Mit jeder gelesenen Seite spürt man, dass der Autor etwas verändern will und uns nicht nur literarisches Vergnügen bereiten möchte. Er möchte zu einem Umdenken bewegen. Dies im Zusammenhang mit der Informationsfülle führt aber zu einem Anspruch, der aus meiner Sicht eine sehr wichtige Kritik ertragen muss. Der historische Hintergrund wird an vielen Stellen angesprochen und es werden Zahlen, Orte und Personen genannt. Der Autor nennt aber keinen einzigen Beleg! Im Nachwort wird zwar erwähnt, dass man relativ schnell im Internet themenbezogene Informationen findet. Das reicht mir persönlich aber nicht aus. Ich denke, dass das Buch schon durch seine inhaltliche Anlage zwingend durch ein Literatur- und Quellenverzeichnis ergänzt werden muss. Ansonsten wirken viele angesprochene Punkte eher hüllenlos und zweifelhaft. Dies in einer Neuauflage zu ergänzen dürfte aber kein Problem sein.

Davon abgesehen handelte sich aber insgesamt um eine gut konstruierte Geschichte, die spannend ist und viele interessierte Leser verdient hat, die zum Nachdenken, Weiterforschen und Handeln anregt werden.

Wichtiger Hinweis: Demnächst wird es ein Thetaerstück geben, dass auf demselben Stoff basiert.

Cover des Buches Die Auswerterin (ISBN: 9783844816143)
Chimikos avatar

Rezension zu "Die Auswerterin" von Elk von Lyck

Chimikovor 12 Jahren
Rezension zu "Die Auswerterin" von Elk Von Lyck

Das Buch hat drei Handlungsstränge. Der erste und wichtigste ist die Diskussion zwischen Emily und Arthur Harris, den diese mit einer Pistole in Schach hält, bis sie ihr Ziel erreicht hat. Im zweiten Strang fliegt Walker, ein Aufklärungspilot, nach Deutschland, um dort Fotos von Rüstungsfabriken und ähnlichem festzuhalten. Und der dritte Strang ist zugleich auch der traurigste: Es geht um Jacques, der eigentlich Josua hält, und schließlich umgesiedelt werden soll. Viel mehr kann ich nicht über den Inhalt verraten, da sonst die ganze Spannung weg wäre.
Die Auswerterin ist ein Buch, das man sowohl in die Kategorie Historischer Roman/historische Novelle als auch philosophischer Text einordnen kann. Es stellt eine interessante Frage: Was wäre, wenn die Alliierten von den KZs gewusst hätten? Oder eher: Wie war ihr Verhalten ob dieses Wissens? Die KZ- und Deportations-Thematik ist hier von einer ganz anderen Seite dargestellt, was ich durchaus interessant finde. Auch die Gedanken, die Emily sich macht und auch Harris' Antworten und eigene Gedanken sind stimmig und schlüssig geschrieben. Ein in sich rundes Buch, das eine schwere Thematik auffasst.
Nur am Anfang hatte ich das Gefühl, der Autor brauchte seine Zeit, um sich in die Geschichte hineinzuschreiben. Insbesondere die vielen technischen Beschreibungen waren mir persönlich zu viel. Das Buch konnte mich somit erst später fesseln und in seinen Bann ziehen. Dabei war es gerade Emily, die mich mit ihren Gedanken interessiert und auch gebannt hat. Eine einfache junge englische Frau mit so unglaublich detaillierten philosophischen Gedankengängen? Am Anfang fand ich es unlogisch, dass eine einfache Auswerterin, also von niedrigem Rang, sich solche Gedankenkonstrukte zusammenbaut und auch an solche geheimen militärischen Informationen kommt, die über ihre Arbeit hinausgehen. Jedoch kriegt der Autor es hin, dass sich diese Fragen im Verlauf der Geschichte zum Großteil wieder geben. Leichte Zweifel blieben mir jedoch immer noch.

Fazit

Wer sich für philosophische Gedankengänge angesichts des immer noch großen Themas zweiter Weltkrieg, KZs und Deportation interessiert, wer sich auch für die Frage nach der Wahrheit und sozusagen zwei Seiten einer Medaille interessiert, der kann hier beruhigt zugreifen. Das kleine Buch birgt interessante Gedankengänge, stimmige Protagonisten und spannende Fragestellungen.

Gespräche aus der Community

Bisher gibt es noch keine Gespräche aus der Community zum Buch. Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 15 Bibliotheken

auf 1 Merkzettel

von 1 Leser*innen aktuell gelesen

von 1 Leser*innen gefolgt

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks