Die Alltagstapferen
1977 treffen auf einem Zeltplatz in Polen zwei Frauen aufeinander – sie sehn sich und werden sofort Freunde. Einer der raren Momente, die häufig angezweifelt werden, die es aber gibt und tatsächlich - wenn mans recht bedenkt, wie sehr Realität und Wahrscheinlichkeit dagegen sprechen - und die, will mans ganz ernsthaft und wahr sagen, nur als Wunder bezeichnet werden können.
Beide sind Anfang zwanzig, Elke aus Dresden, Annedore aus Hannover.
Sie beginnen einen Briefwechsel, ausführlich zeitweise, sehr persönlich, liebevoll, traurig über die Entfernung, die Unmöglichkeit einer Freundschaft mit Besuch und Gespräch.
Es gibt seltene Reisen von Anne nach Dresden, Treffen in Polen, aber meist bleiben nur Briefe.
1997, Anne stirbt und Elke bekommt einen Schuhkarton mit ihren Briefen. Im Buch gibt es den Briefwechsel, sparsam kommentiert von Elke, die manchmal Zusammenhänge erklärt.
Man findet wenige Bücher, die so nahe gehen – das Leben mit seinen Veränderungen, Verwerfungen, großen Momenten, Fallen und Verzweiflungen – es bleibt nichts ausgespart. Man kommt den beiden nahe, spürt sehr intensiv Freude, Traurigkeit und die Alltagstapferkeit, die alle brauchen, um das Leben durchzustehen.
Man kann das Buch auch als Alltagsgeschichte über zwanzig Jahre lesen, über die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen und was sie für Menschen bedeuten und bewirken, aber den stärksten Eindruck macht mir die große Freundschaft, nicht ungetrübt, selbstverständlich nicht immer einfach, aber dauerhaft.
Ein rührendes, ernstes, liebenswertes Buch, das viel gelesen werden sollte.