Der »Held« dieses Krimis ist der neulich gefeuerte Hamburger Journalist Adrian Blau, der jetzt also versuchen muss, vor der Konkurrenz an Storys ranzukommen. Er reagiert schnell auf eine Meldung über die attraktive Malerin Jette Alba, Shooting-Star der Kunstszene, die er in Hamburg flüchtig kennengelernt hat und die nun urplötzlich auf einer Nordseeinsel verschwunden ist. PR-Gag des Insel-Ateliers, Entführung oder gar Mord? Auf der Insel angekommen, verrät Blau niemandem seinen Beruf, er gibt sich als beruflich ausgebrannter Naturfotograf aus, der Ruhe, Spaziergänge und frische Nordseeluft nötig hat.
Kaum ist er da, fängt das Sterben an; schon während seiner ersten Nacht kommt der Bauleiter eines neuen, auf der Insel kontrovers diskutierten Ferienparkprojekts bei einem Hausbrand ums Leben, der sich schnell als Brandstiftung herausstellt.
Bei seiner Suche nach Jette, die nach diesem ›Todesfall‹ zu einer Mordermittlung wird, trifft Adrian auf eine etwas lahme Inselpolizei, sodass er weitere Unterstützung braucht, nämlich seinen alten Freund, den Husumer Kriminalhauptkommissar Frank Ahlers. Der Weg zur Lösung ist mit etlichen Leichen und vielversprechendem Personal gepflastert: da sind die geheimnisvolle russische Galeristin Maja Tarassowa, die aparte Kitty Lichtenberg, die taffe Bauunternehmerin Nora Lux und ihr neuer Bauleiter, der undurchsichtige Lette Kolja Guga. Nicht nur der Inselkrieg um das Bauprojekt ›Wattenmeerpark‹ gibt Rätsel auf, sondern auch ein pikantes Dreierverhältnis, das viele Fragen aufwirft.
Blau ist ein etwas schräger Charakter; nicht nur hat er ein blaues und ein braunes Auge, was etliche Inseldamen in milde Verzückung versetzt, sondern er schätzt den guten rauchigen Single Malt Scotch Whisky (im Gegensatz zum lokalen Korn, der ihm bei jeder Gelegenheit angeboten wird) und hat einen Hang zum Pokerspiel und zu hübschen Frauen, was seine Beziehung zu der weiblichen Figurenbesetzung im Roman pikant kompliziert. Außerdem glaubt er an die Astrologie. Elke Marion Weiß setzt seine Tageshoroskope sehr geschickt als jeweiliges Tagesmotto oder in den laufenden Text ein, aber Vorsicht: Sie verraten keineswegs immer, was am Tag mit Adrian passieren soll. Denn der gute Adrian ist ein astrologisches Grenzkind zwischen Steinbock und Wassermann, hin- und hergerissen zwischen analytischem Verstand und Emotion bzw. Intuition.
Was den Roman von der üblichen Krimigattung abhebt, ist die geschickte Erzähltechnik der Autorin, die neben der Hauptperson Adrian Blau drei weitere Perspektivträger einsetzt. Von wegen kompliziert: Dieser ›Trick‹ fördert den Fluss der Handlung enorm, zumal die Autorin die Übergänge durch fünf Sternchen kenntlich macht. Chapeau.
Ein weiterer Aspekt des Romans hat mir besonders gut gefallen: die Anspielungen auf Theodor Storms Roman »Der Schimmelreiter«, die die Autorin geschickt in die Geschichte einbaut, ohne dass es Gefahr läuft, zu ›literarisch‹ zu wirken.
Flott und mit Wortwitz geschrieben und raffiniert aufgebaut. Mit vielen Wendungen und Kniffs wird der Leser bzw. die Leserin ganz am Ende zu einer äußerst überraschenden Lösung geführt. Ein Krimi mit viel Spannung und Nordseeflair.