Cover des Buches Die Spucke des Teufels (ISBN: 9783894256098)
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Rezension zu Die Spucke des Teufels von Ella Theiss

Rezension zu "Die Spucke des Teufels" von Ella Theiss

von Klusi vor 14 Jahren

Rezension

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Klusivor 14 Jahren
Es ist das Jahr 1775 im November. In Lissabon bebt die Erde und zerstört weite Teile der Stadt. Die Katastrophe hat weit reichende Ausläufer. Auch in Hassum am Niederrhein sind Erdstöße spürbar. In dieser Zeit wird die junge und schöne Lisbeth zur Witwe. Ihr brutaler Mann, der Ochsenwirt, stirbt an der Ruhr und hinterlässt ihr ein gut gehendes Gasthaus. Die junge Frau beschließt, dieses alleine weiterzuführen. Ganz auf sich gestellt, muss sie sich im täglichen Leben mit allen möglichen Widrigkeiten "herumschlagen", was teilweise wörtlich genommen werden kann. Preußische Soldaten beziehen bei ihr Quartier, und ganz besonders der unsympathische Major Kreuzer setzt der jungen Frau arg zu. Im Zwiespalt zwischen der christlichen Lehre und altem Aberglauben verlässt sich Lisbeth bei ihren Problemen am liebsten auf den Rat der Verstorbenen, die ihr als hilfreiche Geister erscheinen, so zum Beispiel ihre alte Mutter, die heilige Irmgard von Aspel oder ein Indianer, der sie sogar in der richtigen Zubereitung der „Tartoffeln“ unterweist, wie die Erdknolle damals genannt wird. Mit den Kartoffeln hat der Preußenkönig Friedrich II. seine liebe Not, will er sie doch im Niederrheingebiet heimisch machen. Allerdings beobachtet sowohl die Kirche als auch die Bevölkerung das neue Gemüse mit großem Misstrauen und sind gar nicht erbaut vom königlichen „Kartoffelbefehl“, bezeichnet doch der Pfarrer die unscheinbare Knolle sogar als „Spucke des Teufels“. Zum direkten Handlungsverlauf möchte ich mich nicht weiter äußern, um der Geschichte nichts von seiner Spannung zu nehmen. Es sei nur so viel gesagt, hier lohnt es sich, zwischen den Zeilen zu lesen, denn dort offenbart sich dem Leser so manche Überraschung. Mir persönlich hat das Buch sehr gut gefallen. Schon die Einbandgestaltung mit der Kartoffelpflanze finde ich sehr ansprechend. Es liest sich sehr kurzweilig, in einem Stück weg. Die Autorin schildert die Handlung aus wechselnden Blickwinkeln der Protagonisten. Interessant fand ich, dass zwischendurch mehrere Auszüge aus einem Tagebuch auftauchen, welche an unterschiedlichen Stellen und zu ganz verschiedenen Zeiten "entdeckt" wurden. Sie alle rundendas Bild ab und stammen eindeutig aus der Feder des fahrenden Barbiers Jost. Der Umgangston, welcher Zeitweilen recht derb ist, wirkt hier einfach stimmig und sehrauthentisch. Die Leute reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Manche Szenen wirken grotesk und etwas makaber, aber alles passt zum Gesamtbild, das die Autorin, teilweise mit bissigem Humor, von der damaligen Zeit gezeichnet hat. Wie sie selbst im Nachwort ausführlich erklärt, kam es ihr nicht unbedingt auf die korrekte Wiedergabe historischer Ereignisse an, sondern sie hat ihre künstlerische Freiheit genutzt und einige Daten sowie Ereignisse zu ihrem Zweck verändert oder auch frei erfunden. Aus ihrer eigenen Versuchsküche stammen auch die "alten" Rezepte, die zwischendurchauftauchen und die Speisen wiedergeben, welche Lisbeth ihren Gästen im Ochsen serviert. Sie machen den Roman zu einem ganz besonderen Schmankerl, deftig und delikat, wie ein gut gewürzter Kartoffeleintopf.
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