Von einer die auszog das Fürchten zu lernen
von Günter-ChristianMöller
Kurzmeinung: Von einer die auszog das Fürchten zu lernen
Rezension
Nach dem Tod ihrer Mutter steht die menschenscheue Isabell allein auf der Welt. Beim Auszug aus der alten Wohnung wird sie von einer Horde junger Männer bedrängt. In ihrer Not schmeißt sie eine verstaubte Champagnerflasche nach ihnen, die sich als uralter Molotowcocktail ihres Vaters entpuppt. Durch den erlittenen Schock erwacht eine posttraumatische Belastungsstörung namens Billie in ihr. Vielleicht könnte man auch sagen, eine abartige Schizophrenie in Form eines Flaschengeistes. Während Isabell sich mit einem 800-Eurojob im Krankenhaus als Putzhilfe sehr wohl fühlt, hat Billie größere Pläne. Sie will einen festen Job als Streetworkerin haben.
Das Buch lebt von seinen beiden Hauptprotagonistinnen. Isabell versucht ein behütetes Leben zu führen, nicht auffallen, wegschauen, wenn irgendwo Ärger auftaucht. Die andere, Billie, geht direkt darauf zu und legt sich mit jedem an. Selbst mit der Lobby der Zwangsprostitution, der Mafia. Sie scheint weder Tod noch Teufel zu fürchten. Die Streitereien zwischen den beiden gehören zu den Höhepunkten des Buches. Isabell zieht sich mit Oropax in die wohlig warme Badewanne zurück, während Billie ihren Frust lieber mit Tanzen zu Heavy Metal, Variante laut, einäschert. Auch Mila, die aus ihrem Dasein als Zwangsprostituierte entkommen konnte, ist mir ans Herz gewachsen, denn beharrlich sucht sie nach einem Ausweg aus ihrem Unglück. Alle drei verbindet der Kampf gegen das Böse. Und sie finden Unterstützung von Leuten, von denen man es normalerweise nicht erwarten dürfte.
Der Leseeindruck war herausragend. Ein Buch voller Emotionen, ein Tanz der Gefühle. Man wird von Angst, Wut, Schrecken, Trauer, Glück und Lachen überflutet. So ist es mir jedenfalls ergangen. Eine steile Achterbahnfahrt der Spannung von vorne bis fast ganz hinten, dicht an der Grenze des Erträglichen. Mein Flaschengeist zu Hause meinte, ich müsste 6 Sterne vergeben, aber so sind es eben nur fünf geworden.