Rezension zu "Die andere Seite des Tages" von Emeli Bergman
Verschiedene Familien und verschiedene Kinder. Sie wachsen heran und jedes von ihnen ist so individuell, so liebenswert und jedes hat ganz eigene Bedürfnisse. Manche brauchen ganz viel Halt, manche Fürsorge, manche sind nahbar und manche verschlossen. Anna ist Au-pair und betreut viele Kinder in unterschiedlichen Familien im Laufe der Jahrzehnte. Jedes Mal ist von ihr gefordert, sich anzupassen, sich einzubringen und ein Teil des Familienlebens zu werden. Doch jedes Mal ist anders.
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In jedem Kapitel zeigt uns die Autorin eine andere Familie, bei der Anna arbeitet und manchmal sogar lebt. Wir lernen die Kinder kennen, die Eltern und bekommen einen Einblick in den Familienalltag.
Für mich war es unglaublich herzerwärmend, wie Anna einen Zugang zu Kindern findet. Völlig unabhängig von ihrer eigenen schweren Vergangenheit, von dem schlimmen Verlust, den sie selbst erlebt hat. All das hält Anna fern von den Kinderseelen und ermöglicht ihnen eine Kindheit, die sie selbst nicht hatte.
Wie sehr Anna kämpft mit dem schrecklichen Schicksalsschlag ihrer Jugend, ist in jedem Kapitel zu spüren. Manchmal steckt es zwischen den Zeilen, manchmal sind es Passagen aus den Gedichten, die Anna schreibt und manchmal sind es Rückblicke auf ihre Geschichte, die uns Anna zeigt. Doch jeder wehmütige Moment ist zart und leise, er drängt sich nicht nach vorne, denn immer sind es die Kinder, die für Anna im Mittelpunkt stehen, für die Anna alles gibt, alles möglich macht.
Es ist ein sehr sanfter Roman, der nur kleine Funken von Annas Geschichte streut. Ich hätte gerne noch so viel mehr von ihr erfahren. Eine Leseempfehlung für ein poetisches Buch zum Mitfühlen, zum Weiterdenken und zum Hineinlauschen. Vor allem das letzte Kapitel ist ganz dicht dran an Anna und hinterlässt Gänsehaut. Ich habe „Die andere Seite des Tages“ sehr gern gelesen.