Emeli Bergman

 3,6 Sterne bei 5 Bewertungen

Lebenslauf

Emeli Bergman wurde 1988 geboren. Sie hat an der renommierten Schreibakademie Forfatterskolen in Kopenhagen studiert und ist bekannt für ihre poetische Prosa, die häufig von Trauer, Familie und Sexualität handelt. Die andere Seite des Tages ist ihr Debütroman, der bereits für mehrere Literaturpreise nominiert wurde.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Emeli Bergman

Cover des Buches Die andere Seite des Tages (ISBN: 9783753000688)

Die andere Seite des Tages

 (5)
Erschienen am 23.08.2022

Neue Rezensionen zu Emeli Bergman

Cover des Buches Die andere Seite des Tages (ISBN: 9783753000688)
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Rezension zu "Die andere Seite des Tages" von Emeli Bergman

Von Kindern und der Kindheit
marielle_liestvor 7 Monaten

Verschiedene Familien und verschiedene Kinder. Sie wachsen heran und jedes von ihnen ist so individuell, so liebenswert und jedes hat ganz eigene Bedürfnisse. Manche brauchen ganz viel Halt, manche Fürsorge, manche sind nahbar und manche verschlossen. Anna ist Au-pair und betreut viele Kinder in unterschiedlichen Familien im Laufe der Jahrzehnte. Jedes Mal ist von ihr gefordert, sich anzupassen, sich einzubringen und ein Teil des Familienlebens zu werden. Doch jedes Mal ist anders.


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In jedem Kapitel zeigt uns die Autorin eine andere Familie, bei der Anna arbeitet und manchmal sogar lebt. Wir lernen die Kinder kennen, die Eltern und bekommen einen Einblick in den Familienalltag. 


Für mich war es unglaublich herzerwärmend, wie Anna einen Zugang zu Kindern findet. Völlig unabhängig von ihrer eigenen schweren Vergangenheit, von dem schlimmen Verlust, den sie selbst erlebt hat. All das hält Anna fern von den Kinderseelen und ermöglicht ihnen eine Kindheit, die sie selbst nicht hatte. 


Wie sehr Anna kämpft mit dem schrecklichen Schicksalsschlag ihrer Jugend, ist in jedem Kapitel zu spüren. Manchmal steckt es zwischen den Zeilen, manchmal sind es Passagen aus den Gedichten, die Anna schreibt und manchmal sind es Rückblicke auf ihre Geschichte, die uns Anna zeigt. Doch jeder wehmütige Moment ist zart und leise, er drängt sich nicht nach vorne, denn immer sind es die Kinder, die für Anna im Mittelpunkt stehen, für die Anna alles gibt, alles möglich macht.


Es ist ein sehr sanfter Roman, der nur kleine Funken von Annas Geschichte streut. Ich hätte gerne noch so viel mehr von ihr erfahren. Eine Leseempfehlung für ein poetisches Buch zum Mitfühlen, zum Weiterdenken und zum Hineinlauschen. Vor allem das letzte Kapitel ist ganz dicht dran an Anna und hinterlässt Gänsehaut. Ich habe „Die andere Seite des Tages“ sehr gern gelesen.

Cover des Buches Die andere Seite des Tages (ISBN: 9783753000688)
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Rezension zu "Die andere Seite des Tages" von Emeli Bergman

Rezension zu »Die andere Seite des Tages« von Emeli Bergmann
buecherbergevor 2 Jahren

»Glaubst du, Liebe ist eher, etwas zu erfinden oder etwas zu entdecken?, frage ich ihn, und er denkt lange darüber nach.«

Die junge Frau Anna schafft es nicht, den plötzlichen Tod ihres Bruders zu verarbeiten, die Beziehung zu ihren Eltern ist seit langer Zeit angeschlagen, ihrer Mutter macht sie Vorwürfe. Aus einem Wunsch nach Ausbruch und Realitätsflucht heraus reist Anna nach Paris, um in den folgenden Jahren als Au-Pair für verschiedene Familie zu arbeiten. Was einst als Flucht vor Alltag, Trauer und Bewältigung begann, wird zu Annas Lebensinhalt. Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt pausiert Anna ihr eigenes Leben, arbeitet für wenig Geld in fremden Familien, wohnt in kleinen Zimmern und schlechten Wohnungen und zieht die Kinder anderer groß. Über die Jahre geht Anna viele Beziehungen mit Kindern allen Alters ein, begleitet sie manchmal nur für Monate, manchmal für Jahre. Sie baut Verbindungen zu den Eltern auf, vor allem zu den Müttern. Komplizierte, fragile Beziehungen und Verbindungen, ein Spiel aus Nähe und Distanz. Sie wird die Bezugsperson für die Kinder, bleibt gleichzeitig immer eine Außenstehende, nur eine Angestellte, dringt zwangsläufig in die Privatleben der Eltern ein, bei denen sie angestellt ist; mal mehr, mal weniger. Wird Vertrauensperson, eine Schulter zum Ausweinen, erlebt Geburten, Geburtstage, Streits und Scheidungen mit, immer in zweiter Reihe. Jeder Familienwechsel hinterlässt Spuren, feine Risse auf Annas Seele. Ihr Leben pausiert, ihr Leben findet im Schatten der Kinder statt, die sie groß zieht, in ihr Herz schließt und wieder verlassen muss. Einst träumte sie von ihrer eigenen Familie, einer tiefgehenden Liebe zu einem anderen Menschen, einem gemeinsamen Kind, Träumen und Hoffnungen und Leben. Doch langsam aber sicher verliert sie die Fähigkeit, in ihrem eigenen Privatleben langfristige, tiefgehende Beziehungen einzugehen. Und nach wie vor schlummert der Schmerz um den Verlust ihres geliebten Bruders, ihres Seelenverwandten unter der Oberfläche, wartend darauf, auszubrechen, noch immer eine offene Wunde, noch immer nicht akzeptiert, noch immer fassungslos. 

»Die andere Seite des Tages« war für mich ein ganz besonderes Leseerlebnis. In diesem dünnen Buch steckt so viel. Feingefühl, Schmerz, Melancholie. Der Roman ist ein ganz leises Werk, das einen, wenn man sich auf die Geschichte einlässt, die es einem fast schüchtern zuflüstern möchte, tief berührt. Es erzählt die Geschichte einer ganzen Arbeitswelt. Frauen, die ihr eigenes Leben hintenanstellen, um sich um die Kinder, Häuser, Leben anderer zu kümmern. Erzählt davon, wie wichtig diese Hingabe ist für die Leben der Kinder, für die sie die Verantwortung tragen. Erzählt davon, wie gering der Dank, die Wertschätzung, der Lohn dieser immensen, verantwortungsvollen, emotional aufreibenden und wichtigen Arbeit ist. Erzählt von der Unsichtbarkeit der Care-Arbeiter*innen, von den physischen und vor allem auch psychischen Belastungen und Nachwirkungen, die dieses Leben mit sich bringt. Und erzählt zugleich die Geschichte einer jungen Frau, die den Halt im Leben verloren hat. Die unfähig ist, sich mit ihrem Verlust auseinanderzusetzen, zu tief der Schmerz, zu einschneidend die Wunde. Die sich flüchtet, die wegrennt, bis Wegrennen ihr Leben wird. Die ihr Leben zwar nicht beendet, aber doch so sehr in den Hintergrund geraten lässt, dass man meinen könnte, sie selbst ist mit ihrem Bruder gestorben, ihr Leben nicht mehr lebenswert ohne ihn. »Die andere Seite des Tages« ist leise, ist berührend, ist schön auf eine Art, wie es vielleicht nur dieses Buch sein kann. 

Cover des Buches Die andere Seite des Tages (ISBN: 9783753000688)
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Rezension zu "Die andere Seite des Tages" von Emeli Bergman

Gläsernes Gleichgewicht
Constanze_Pachnervor 2 Jahren

"Um über den plötzlichen Tod ihres Bruders hinwegzukommen, reist Anna nach Paris und arbeitet in den darauffolgenden Jahren bei verschiedenen Familien als Au-pair. Die Beziehung zu ihren Arbeitgebern ist zugleich intim und distanziert. Sie muss eine Bindung zu den Kindern herstellen, bleibt als Angestellte aber immer eine Außenstehende. Auch der ständige Wechsel in neue Familien hinterlässt Spuren. Selbst privat schafft Anna es irgendwann nicht mehr, Nähe zuzulassen." Klappentext

In einem unaufgeregten Tonfall kommt der Roman 'Die andere Seite des Tages' von @emelikbergman mit einer stilvollen Poesie in das Lesezimmer geschlichen - zuvor höflich, wie das Personal in einem eleganten Hotel fast geräuschlos anklopfend. Eine schwebende, sich stets im Gleichgewicht tragende sprachliche Eleganz ist der rote Faden, der diesen Roman so lesenswert macht. Ein Genuss der stillen Räume, der zurückgezogenen Nachdenklichkeit über Kanten, an denen man stark ins Wanken gerät und oft nicht weiß, was einem vor dem Fall schützt. Nicht weiß, warum man manchmal so durchsichtig erscheint und sich dennoch verschlossen hält. Verschlossen, um krampfhaft sein Gleichgewicht zu halten. Ist denn das besser, oder stumpft dieses krampfhafte Durchhalten ab? Was ist so schlimm daran, wenn das Glas stürzt?

"Diese Woche ist ewig wie eine Fotografie. Genau wie eine Fotografie strebt sie Verewigung an, auch wenn sie zerstört wird, gehört sie der Sphäre des Ewigen an." 189

Anna riskiert es nicht. Anna bleibt hart zu sich, ihr gläsernes Gleichgewicht hat Bestand. In der Aneinanderreihung von Annas Geschichten aus den Aufenthalten bei den verschiedenen Arbeitgeberfamilien entsteht ein zartes Band ihrer eigenen Vorgeschichte. Diese versucht sich dezent im Hintergrund zu entwirren, hinterlässt aber einen Wollknäuel, der in seiner unauflöslichen Verzwirbelung das Glas vor dem erlösenden Fall hindert.

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