Alex ist zweiundzwanzig und sieht gut aus. Anfang August hat Simon sie für die Sommerferien aus der Stadt nach Long Island mitgenommen, wo er ein Sommerhaus besitzt. Simon ist älter als Alex und ziemlich reich. Als es bei einer Dinnerparty zu einer Missstimmung zwischen den beiden kommt (und sie zudem eine Delle in sein teures Auto fährt), schickt Simon sie kurzerhand zurück nach New York.
Aber es gibt so einiges, was Simon nicht weiß. Etwa, dass Alex sich in New York als Prostituierte durchschlagen musste, ehe sie ihn als Sugardaddy kennengelernt hat. Oder dass sie nach Rückständen beim Mietbeitrag aus ihrer WG rausgeflogen ist. Oder von Dom, ihrem - ja, was eigentlich? Kumpel? Freund? Dealer? Zuhälter? -, dem sie eine Menge Drogen und Bargeld geklaut hat (von beidem ist nichts mehr übrig) und der seither immer wieder anruft und textet und sich mit ihr treffen will.
Zurückgehen nach New York ist also keine Option. Und in einer Woche ist schon Labor Day, an dem Simon in seiner Ferienvilla eine Riesenparty schmeißen wird, bei der Alex einfach nur auftauchen muss, als sei nichts gewesen, um alles wieder ins Lot zu bringen, davon ist sie fest überzeugt. Jetzt muss sie bis dahin nur noch sechs Tage auf Long Island überstehen.
So mogelt sie sich durch, mit Lächeln und Lügen, irgendwo am Rand dieser Edelgesellschaft, die hier den Sommer verbringt, als Freundin eines Freundes, als Schulbekanntschaft des Sohnes, als Flirt für den Majordomus. Die Reichen mit ihren großen Entouragen, mit ihren Heerscharen an Angestellten und Hilfskräften, mit ihren oberflächlichen Freund- und Bekanntschaften machen es möglich.
Ich finde diese Idee des ungebetenen Gastes bestechend. Hier hätte das Buch richtig gut und relevant werden können und uns noch viel mehr aus dem Innenleben jener eigenartigen Kastengesellschaft der Ostküsten-Oberschicht berichten, die einerseits total hermetisch ist (schon Max, der "nur" ein Einheimischer ist und nicht aus New York einpendelt, zählt nicht mehr dazu), wo aber andererseits jeder jeden irgendwo schon mal getroffen hat und die Grade, in denen Loyalität, Dienstbarkeit, Zuneigung und Sex mit Geld erkauft werden, sehr fein gestaffelt sind.
Stark fand ich das erste Drittel, in dem Alex (die klug ist) sorgsam lauert, wie sie sich als Freundin an Simons Seite etablieren kann, um nicht wie all die andern wieder fallengelassen zu werden, und dann doch endet wie Dutzende junger Frauen vor ihr. Sie ist kein Teil dieser Gesellschaft, und sie hat einen scharfen Wahrnehmungssinn. Schade, dass die Geschichte zum Ende hin wieder ganz auf die Schiene der persönlichen Probleme zwischen Alex und Simon und Dom abbiegt, was uns zwar ein spannendes Leseerlebnis beschert (und ein irgendwie unbefriedigend offenes Ende), aber eben alles liegen lässt, was man an Soziopsychologie aus diesem Thema hätte rausholen können und was ich nur zu gern genauer erfahren hätte.