Cover des Buches Der Fotograf (ISBN: 9783037310335)
Rezension zu Der Fotograf von Emmanuel Guibert

Rezension zu "Der Fotograf" von Emmanuel Guibert

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 14 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 14 Jahren
Nachdem Band 1 der Trilogie "Der Fotograf" erzählte, wie Didier Lefèvre mit einem Team der Médecins sans Frontières (MSF / Ärzte ohne Grenzen) via Pakistan nach Afghanistan gekommen war, berichtet Band 2 darüber, wie das Team die letzten Kilometer zum Zielort Zaragandra im Tal von Yaftal zurücklegt, dort ein kleines Krankenhaus aufbaut und vier Wochen lang von Haushaltsunfällen bis Kriegsverletzungen alle möglichen Kranheitsfälle behandelt. Am Ende des Buchs werden ein Arzt und eine Krankenschwester dort bleiben und mit den Einheimischen überwintern, während der Rest des Teams wieder über Pakistan nach Frankreich zurückkehren wird. Wie beim ersten Band auch ist die Mischung aus schwarz-weißen Fotos und Comic-Zeichnungen sehr faszinierend zu lesen, da auf diese Weise nicht nur Lefèvre mit seinen Fotos erzählt, sondern er selbst auch zu einem Protagonisten wird. Lefèvre lernt das MSF-Team immer besser kennen und erfährt zum Beispiel, dass kleine Schulen mit Geldern unterstützt werden. Er lernt von Einsatzleiterin Juliette aber auch, dass die Gaben zwar zweckgebunden eingesetzt werden, aber dass der Lebensrhythmus dennoch anders vorgegeben wird: Zur Zeit der Ernte hat niemand Zeit für die Schule, da die Vorräte und Lebensmittel zunächst wichtiger sind. Die Wochen vergehen, in denen die MSF ihr Hospital in Zaragandra betreiben. Nach wie vor ist es auf den Fotos problematisch, Details zu erkennen, wenn vier oder mehr Bilder von den Kontaktbögen nebeneinander gesetzt wurden. Manchmal aber auch gut so: In diesem Band gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Verletzungen und die medizinischen Details mochte ich nicht immer sehen. Als ein 16-jähriger Junge im Krankenhaus auftaucht, dessen Kiefer einen Granatsplitter abbekommen hat, reicht ein groß gedrucktes Bild völlig aus, um den Schauer solcher Kriegsverletzungen zu verdeutlichen und im Anschluss daran setzt Lemercier gleich 48 kleine Bilder auf eine Seite - nicht, damit man was daraus erkennt, sondern um zu veranschaulichen, dass die Ärzte im Prinzip die ganze Nacht durch um das Leben des Jungen gekämpft haben. Die MSF erleben die Bombardierung des Dorfes Püstük in der Nähe mit. Ein Einsatz, der nicht nur Lefèvre ziemlich mitnimmt: John diagnostiziert Querschnittslähmung bei einem kleinen Mädchens durch einen winzigen Splitter im Rückgrat und das macht Lefèvre für eine ganze Zeit unfähig, zu fotografieren. Erst der Tod eines weiteren Kindes, den die weindende Juliette auf Forderung der Mutter gefilmt hat, damit "die Leute es erfahren", setzt seinen Fotoreflex wieder in Gang. Wieder kommt durch die Erzählungen von Juliette und den anderen Teammitgliedern von MSF ein neues Stück Afghanistan zum Vorschein und das Buch berührt mehr als das erste, weil es stark auf Einzelschicksale eingeht und sich weitestgehend auf das Leben im Yaftal konzentriert. Am Ende des Buchs bereiten die MSF ihre Rückkehr vor. Juliette möchte einen Umweg nehmen, um ein weiteres Dorf zu besuchen - ein Umweg, der das Team mindestens eine zusätzliche Wochen kosten wird. Lefèvre will jedoch einfach nur zurück und diese eine Woche ist für ihn eine zuviel. Er will alleine nach Pakistan zurück und diese Geschichte wird Band 3 erzählen. Während es bei vielen Serien so ist, dass ich im Zweifelsfall auch ohne Band 2 oder Band 5 leben kann, ging das bei dieser Geschichte für mich gar nicht. Band 1 endet wortwörtlich auf halbem Weg, sodass erst Band 2 über den geplanten Einsatz der MSF berichtet. Und man spürt, die beiden Bände gehören zusammen, das eine ohne das andere funktioniert in meinen Augen nicht. Und mit Band 3 ist es genauso. Wäre der Rückweg ein simpler Flug oder ein einfacher Trek, würde es gehen. Aber das ist die Reise nach Pakistan nun mal nicht und ich will Lefèvre auf alle Fälle noch durch Band 3 begleiten.
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