Rezension zu "Heute leben wir" von Emmanuelle Pirotte
Der letzte Kriegswinter im 2.Weltkrieg ist angebrochen und die Deutschen wollen ihren eigentlich eindeutigen Verlust nicht hinnehmen und erhalten den Befehl, den Feind auf jede erdenkliche Weise zu beseitigen.
Die kleine siebenjährige Jüdin Renée hat schon früh ihre Eltern verloren und wird seitdem an immer wieder wechselnden Orten versteckt. Wieder in Gefahr entdeckt und getötet zu werden, wird sie einem Offizier in amerikanischer Uniform in die Hände gedrückt, der sich aber als SS-Offizier Matthias entpuppt. Allerdings scheint dieses kleine Mädchen etwas an sich zu haben, was ihr trauriges Ende verzögert.
Der Plot gefiel mir sehr und Renée ist ein Mädchen, dass in ihrem zarten Alter so viel Grausames gesehen und erlebt hat, sich eine Art Schutzpanzer angelegt hat und mit ihrer kindlichen, ehrlichen Art ungeschönt die Wahrheit auf den Punkt bringt. Ich mochte sie sehr, auch wenn manche Handlung und Aussage für ihr Alter schon fast zu reif war.
Außergewöhnlich war auch die kindliche Sichtweise auf den Krieg, das Nichtverstehen eines jungen Kindes, warum Menschen zu Feinden werden und was der Grund dafür sein mag.
Da kam schon so einige Male Gänsehautfeeling auf, weil Renée so aufmerksam, unbedarft und dennoch stark und verständnisvoll reagiert, ein unschuldiges Kind, das seiner Kindheit auf die grausamste Art beraubt wurde und sich einfach nur wünscht, leben zu dürfen und einen Platz im Herzen eines Menschen zu finden. Ich habe ihren Lebenswillen und ihren gewissen Trotz gegen das System bewundert.
Insgesamt ein nachdenklich stimmendes Werk, speziell und gesellschaftskritisch auch heute noch aktuell, weil wichtige Faktoren dieses Romans auch heute noch greifen und jeden Leser zum Hinterfragen anregt. Der Ausgang des Romans lässt einiges offen, was bestimmt beabsichtigt war, um jeden selbst zu überlassen, was er für ein Fazit zieht. Interessant, etwas gewöhnungsbedürftig und es braucht seine Zeit, um mit der Geschichte und dem eigentlichen Sinn warm zu werden. Es gibt so Bücher, bei denen man vollkommen überrumpelt wird, am Ende mit gemischten Gefühlen zurückbleibt, weil die Handlung einerseits beeindruckt, überrascht und einiges an Einwirkzeit braucht, während wichtige Themen wie Überlebenswille, Fürsorge und freier Wille toll herausgearbeitet wurden, die Darstellung von Gut und Böse völlig anders transportiert und die Sinnlosigkeit des Krieges auf den Punkt gebracht wird, mit einem gewissen Anteil von Sarkasmus.