Rezension zu "Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter überlebt" von Emmy Abrahamson
In einer Phase ihres Lebens, in der Eltern peinlich sein müssen, tut Alicjas Mutter alles dafür, damit ihr die Scham- und/oder Wutesröte ins Gesicht schießt. Und das schiebt Alicja ausschließlich auf deren polnischen Hintergrund. Sie hätte nur all zu gerne eine stinknormale schwedische Familie. Hier im Norden lebt sie und versucht sich, so gut es geht durch die Unwegsamkeiten eines Teenagerdaseins zu manövrieren. Es sind Ferien, sie trifft sich mit ihren beiden besten Freundinnen, schwärmt zunehmend für Ola Olsson, den feschen Jungmann aus ihrer Klasse, auf den dummerweise auch eine ihrer Freundinnen total abfährt und kämpft mit unreiner Gesichtshaut. Den Tipp ihrer Mutter, letzteres mit Eigenurintherapie zu behandeln, findet sie alles andere als witzig. Ja, ihre Mutter, die auch schimmligen Käse noch in Lasagne verarbeitet und sowieso nichts wegwerfen kann, ständig widerliche Sache zu Tode kocht und mit gutgemeinten Ratschlägen nur so um sich wirft. So richtig aus dem Ruder läuft Alicjas Leben jedoch erst, als kurzerhand ihre Tante und deren 13-jährige Tochter Celestyna direkt aus Polen Asyl in ihrem Zuhause finden und Celestyna sich für sie ausgibt und Ola Olsson tote Tiere aus Bett legt. Wer kann sie jetzt noch retten?....
Die ersten ca. 100 Seiten des Buches zündet ein unglaublich pointenreiches Feuerwerk. Die Mutter-Tochter-Beziehung steht im Mittelpunkt und die Kapitel strotzen nur so vor Witz und Lachmuskelstrapaze. Doch anschließend geht der jungen Autorin wohl ein wenig die Luft aus. Es rückt eher die Pubertätsproblematik in den Fokus und die übertriebenen Beschreibungen der Zustände im Umfeld von Alicja nutzen sich auch ein wenig ab. Es passiert zwar unglaublich viel
z.B. Reise zum Papstbesuch nach Polen, zwei polnische Handwerker im Dauerrenovierungsmodus, eine polnische Hochzeit mit vielen Katastrophen, Wodka-Schmuggel usw., aber mich als Leser beschlich das Gefühl, dass Frau Abrahamson eben noch die Blätter voll bekommen wollte, um ihrem Roman Volumen zu verschaffen. Vor zu diesem Knick hätte ich dem Buch 5 Sterne mit Bonussternchen gegeben. (Besser eine super kurze Geschichte, als ein na-ja-Roman).
Es ist nun kein ausschließliches Jugendbuch im engeren Sinn, da es auch für erwachsene Leser sehr wohl seinen Reiz entwickeln kann.
Fazit: Die Autorin hat durchaus Potential. Umfassend ausgereift erscheint das vorliegende Erstlingswerk von ihr aber noch nicht, was man ja auch nicht zwingend erwarten sollte. Lebenswert ist es dennoch, was macht es da schon, dass zum Ende hin zuckersüße Geigen vom Himmel schweben.