
Auslaufmodell Staat?
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Rezension zu "Auslaufmodell Staat?" von Erhard Eppler
Marco
01. February 2008 um 19:36In seinem neusten Buch widmet sich Erhard Eppler dem Staat, seinen Aufgaben und seiner Zukunft. Er wendet sich energisch gegen den neoliberalen Zeitgeist, der sich mit „Privat vor Staat“ betiteln lässt. Der Staat soll mehr Verantwortung abgeben, Steuern senken, die Wirtschaft sich selbstständig entwickeln lassen. Dabei soll möglichst alles Privatisiert werden, was nicht Niet- und Nagelfest ist. Der Markt wird es schon richten. Für Eppler dagegen ist gerade in Zeiten der voranschreitenden Globalisierung ein Staat von Nöten, der seine Bürgerinnen und Bürger nicht diesen Kräften schutzlos ausliefert. Epplers Maxime ist: „Wir brauchen keinen übermächtigen, aber handlungsfähigen Staat“. Eine erfolgreiche ökonomische Lage beruht nach Eppler nicht auf der Ohnmacht eines Staates, sondern bedingt bestimmte Rahmenbedingungen, die der freie Markt nicht selbstständig produzieren kann. Er ist dabei nicht ein genereller Gegner von Konkurrenz und Deregulierungen. Epplers Buch analysiert und differenziert er die aktuelle Situation des Nationalstaates. Er wirft einen Blick in die Entwicklung und hinterfragt kritisch, wie weit Privatisierung und Eigenverantwortung gehen darf. Dabei sieht steht für den ehemalige Minister fest, dass das Gewaltmonopol nur beim Staat liegen darf. Sicherheit, Verbrechensbekämpfungen, Rechtsprechung, Abwehr von Gewalt dürfen nicht privatisiert werden. Sonst können extreme Problemlagen entstehen, die außer Kontrolle geraten, oder die verschiedenen von einander abgekoppelten Gesellschaften entstehen lassen. Dort der reiche Teil der Gesellschaft, die in hoch gesicherten schönen und sauberen Wohnvierteln wohnen und auf der anderen Seite verwahrloste Ghettos, in denen zunehmend das Gesetz des Stärkeren gilt. Zustände, wie sie in schon in Ansätzen beispielsweise in den USA zu erkennen sind. In vielen Ländern der Dritten Welt haben Staaten vollends aufgehört zu existieren. Warlords und Banden besitzen die regionale Macht. Sie brandschatzen und sind die Herren über Leben und Tod. Eppler kommt zu dem Entschluss, dass wir gerade in der heutigen Zeit einen handlungsfähigen demokratischen Rechtsstaat benötigen, der nur durch finanzielle Mittel und durch die Beteiligung seiner Bevölkerung zu einer allgemeinen Steigerung der Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger führen kann. Dazu brauchen wir aber einen mündigen Bürger, der für das Funktionieren einer Zivilgesellschaft unabdingbar ist. Die Menschen müssen den Staat tragen, ihn kontrollieren und verteidigen. „Auslaufmodell Staat?“ ist eine Streitschrift, die aufrüttelt und Diskussionen zurechtrückt. Eppler bleibt trotz Pointierungen dabei immer sachlich und vermeidet jeden Populismus. Sein Stil ist klar und die Texte sind auch für interessierte Laien gutverständlich. Ein roter Faden, lässt die Zusammenhänge immer deutlicher erkennbar werden. Befürworter des schwachen Staates wird es schwer fallen die Hauptargumente und Analysen Epplers zu widerlegen.