Rezension zu "Das Gesicht des 21. Jahrhunderts" von Eric J. Hobsbawm
Ganz ehrlich: wer Das Zeitalter der Extreme und Hobsbawms Einfluss auf die Geschichtswissenschaft des 20. Jh. kennt, der wird von diesem Buch enttäuscht sein. Inhalt ist lediglich die Niederschrift eines Interviews, in dem Hobsbawm in jüngerer Zeit (nachdem er 1991 seinen o.g. Klassiker veröffentlicht hat), einen Teil seiner Ansichten revidiert bzw. aktualisiert. Einige Tendenzen kann oder muss er korrigieren; andere ergänzen. Seine Prognose bzgl. der Entwicklung und des Einflusses des Kapitalismus auf die weitere Weltgeschichte ebenso wie die Rolle der USA musste er relativieren. Den Zusammenbruch der Sowjetunion kann er noch immer schlecht in ihren Langzeitwirkungen einschätzen; die politisch-gesellschaftliche Instabilität der ehemaligen Sowjetrepubliken und Satellitenstaaten ist selbst 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges unklar und lässt sich schwer einschätzen. Insgesamt blieb das Buch weit hinter meinen Erwartungen zurück. Ich fand Hobsbawms Einschätzungen irgendwie uninteressant, denn aufgrund des Interviewstils blieb alles abgehackt, knapp, oberflächlich. Eine kurze Streitschrift, evtl. in Form eines Essay, wäre möglicherweise dienlicher gewesen um die Positionen des "Zeitalters der Extreme" zu aktualisieren. Ein Interview einfach nur zu drucken, halte ich etwas für einfallslos.