Cover des Buches Fabian (ISBN: 9783037920206)
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Rezension zu Fabian von Erich Kästner

Fabian - Moralist als melancholischer Zuschauer der Welt

von cheshirecatannett vor 7 Jahren

Rezension

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cheshirecatannettvor 7 Jahren
Das Buch gefällt mir. Es ist an vielen Stellen lustig und kritisch. Jedoch sollte man beim Lesen darauf achten, dass der Protagonist Fabian nicht auf Erkenntnis ausgerichtet ist, wie man vielleicht zunächst vermuten würde, wenn man ihn manchmal über die Welt sprechen hört. Was bleibt, kann man als "linke Melancholie" identifizieren. Dazu verweise ich gerne auf den gleichnamigen Aufsatz von Walter Benjamin zu Kästners neuem Gedichtbuch, den man wunderbar auf diesen Roman beziehen kann.
In Fabian herrscht eine routinierte Unzufriedenheit: Beispielsweise überlässt er sein eigenes Preisausschreiben gleichgültig seinem Kollegen, er ist promovierter Germanist, Frauen laufen ihm zu, er könnte theoretisch viele Jobs haben - doch das alles ist ihm egal. Es geht um konstruierte Widersprüche - sie werden künstlich aufrecht erhalten, fast als würde es um das Posieren an sich gehen: "Ich habe es verstanden. Und dann reicht es auch schon." Es wird nichts unternommen. Hier zeigt sich die linke Positionierung Kästners. Der Text ist angeblich politisch - ist er aber doch nicht ganz. Es wird immernoch an traditionellen Werten festgehalten. Und dann tritt die Melancholie hinzu: Sie belügt sich und verschiebt sich selbst. Kästner bedient sich an Stereotypen, die nicht mehr relevant sind (vorher ja). Er positioniert sich dadurch nicht stark genug, fast als sollten alle noch möglichst "Freunde bleiben".
Gerade unter diesem Aspekt gelesen, ist der Roman sehr lesenswert und interessant. Als Parallellektüre ist Kracauers "Georg" zu empfehlen.

Zitat aus der taz: Kritik Walter Benjamins: „Dieser linke Radikalismus ist genau diejenige Haltung, der überhaupt keine politische Aktion mehr entspricht“, schrieb Benjamin 1931, denn sie ergebe sich in die scheinbare Aussichtslosigkeit der Weltlage und habe im Grunde von vornherein nichts anderes im Auge, als „in negativistischer Ruhe sich selbst zu genießen“. Im Resultat sei diese Art von Literatur konservativ und kleinbürgerlich.
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