Rezension zu "Nora. X." von Erika Kronabitter
Dies ist nun der dritte und somit abschließende Band von Erika Kronabitters Trilogie. Auf den ersten Blick vielleicht nicht erkennbar, stellt man bald fest, dass es sich im Titel um zwei Namen handelt. Nora ist die Tochter von Mona und Viktor, und als X. wird der Sohn bezeichnet; er ist der Namenlose der Familie.
Nun im Detail: Beide Kinder sind in diesem Buch erwachsen. Sie sind sehr unterschiedlich und haben völlig andere Wege eingeschlagen, die Nora nach Andalusien verschlug, wo sie an einer Kunstausstellung mitarbeitet, und ihren Bruder auf einen gutdotierten Job in der Wirtschaft brachte; vorerst. Die beiden telefonieren sehr viel miteinander, was quasi das Rückgrat des Buches ist (d.h. auch der dritte Band zeichnet sich wieder durch einen anderen Stil aus: raffiniert und geschickt gemacht, weil die Protagonisten der Familie dadurch sozusagen am Schreibstil erkennbar sind). In diesen Telefonaten arbeiten die beiden ihre Kindheit auf.
Da erfährt man zum Beispiel, dass Viktor seine eigene missratene Kindheit auch dem eigenen Sohn (interessanterweise nicht der Tochter) angedeihen ließ. Aber X., der Namenlose, weil Ungeliebte, hat sich später gerächt: Als er Nackfotos fand, die sein Vater, der Gefängniswärter, von weiblichen Häftlingen aufgenommen hatte, machte er diese öffentlich und beendete somit die zweifelhafte Karriere des Vaters.
Im Laufe des Buches wird immer klarer, dass X. eigentlich ein Zerrissener ist. Er wird von schweren Gewissensbissen wegen seiner "Rache" am Vater geplagt, und er ist mit seinem Beruf, wo er eiskalt agieren muss und das auch kann, überaus unzufrieden. Die vielen Telefonate mit der Schwester helfen ihm, aus diesem Leben völlig auszusteigen und etwas anderes, sozial sehr Engagiertes zu machen.
Natürlich möchte ich nicht den gesamten Inhalt verraten. Es ist überaus interessant (und spannend) zu lesen, wie sich die Dinge entwickeln. Man erfährt sehr vieles, was man in den ersten beiden Büchern noch nicht erfahren hat, sieht die Auswirkungen auf die beiden Kinder und kann mitverfolgen, wie sie einander stützen und letzten Endes mit ihrer schweren Kindheit umgehen.
Alle drei Bücher erschienen im kleinen Limbus Verlag, die Covergestaltung folgt einem einheitlichen Stil, was ich bei Trilogien sehr schön (und eigentlich notwendig) finde.
Man könnte diesen Roman zwar alleine lesen, ich empfehle aber doch die gesamte Trilogie, weil sich nur so ein sehr komplettes Bild ergibt. Mit anderen Worten: Es ist ein tolles Finale, aber man sollte auf die Lebenswelten der Mutter und des Vaters nicht verzichten.