Cover des Buches Stille (ISBN: 9783458177241)
Rezension zu Stille von Erling Kagge

Jeder erfährt seine eigene Stille

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 6 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 6 Jahren

„Stille“ ist heute ein rares Gut. Hektisch ist der Alltag, stressig das Leben, wenig Entspannung gibt es oft auch in der Freizeit. Die Gelegenheiten innezuhalten, sich dem Moment und dem Eindruck hinzugeben, sich in sich selbst zurückzuziehen, sind heute selten. Und oft scheint es so, daß Momente der Ruhe, des Nichts-Tuns und des Nichts-Zu-Tun-Habens sofort ausgefüllt werden müssen mit Aktivitäten – um ja nichts zu verpassen. Der Mensch kommt heute nicht mehr zu sich.


Erling Kagge stellt die von ihm (und uns) beobachteten Verhaltensweisen in seinem kleinen Buch „Stille“ in Frage. Und in 33 Betrachtungen nähert er sich dem Begriff der Stille aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Denn Stille ist nicht gleich Stille. Vor allem ist Stille nicht einfach die Abwesenheit von Geräuschen. Im Gegenteil ist Stille gerade nicht gleichzusetzen mit Geräuschlosigkeit. Jeder Mensch hat seine eigene Definition von Stille und Erling Kagge zeigt einige dieser Definitionen auf: die verschiedenen Schattierungen von Blau im Schnee, das in sich Versinken während einer Meditation, der Arbeitsweg mit dem Fahrrad sind nur einige der Arten von Stille, die Kagge bespricht. Dabei schöpft er – der Unternehmer, der Familienvater, der Extremsportler, der Künstler – aus einem reichen Erfahrungsschatz und stellt uns die verschiedenen Möglichkeiten vor, meist ohne dabei belehrend zu wirken.

Viele dieser Varianten sind natürlich bekannt. Sie werden nur selten genutzt. Und Kagge bietet Denkanstöße, um eigenes Verhalten und den Umgang mit sich selbst zu reflektieren. Neben seinen eigenen Erfahrungen greift er auch auf die Einlassungen von Persönlichkeiten verschiedener Epochen zurück. Damit gibt er gleichzeitig noch den Anstoß, selber weiter zu recherchieren, die „Stille Anderer“ zu entdecken – oder neue Stillen.


Der Text läßt viel Freiraum zum reflektieren, nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch im Tatsächlichen. Die Textgestaltung arbeitet oft mit leeren, weißen Flächen am Ende einer jeder Betrachtung. Er setzt Pausen. Zusätzlich zu diesen Pausen werden die Themen der Betrachtungen mit Bildern – Naturphotographie oder Bilder von Künstlern – untermalt und bieten so eine Erweiterung oder auch Übung zum Text.

Nicht alle der 33 Betrachtungen sind vom Leser adaptierbar zum Zeitpunkt des Lesens. Aber mit jedem erneuten Lesen zu einem anderen Zeitpunkt im Leben können andere Betrachtungen hilfreich sein. Daher könnte das Buch zu einem ständigen Begleiter werden. Mit jedem neuen Zur-Hand-Nehmen besteht die Möglichkeit, daß der Leser einen neuen und interessanten Aspekt entdeckt der bisher unbeachtet blieb.

Der ruhige Ton des Buches trägt neben Text- und Buchgestaltung sein Eigenes dazu bei, ein angenehmes, unaufgeregtes Leseerlebnis zu schaffen, und ist damit ein erster Schritt zur Stille.


„Denk daran, das die Stille, die du erlebst, ein wenig anders ist als die, die andere erfahren. Alle haben ihre eigene.“ (S. 102)

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