Wenn man ein Problem hat, mit dem Partner, seiner Arbeit oder mit dem Leben überhaupt, dann sucht man vielleicht Hilfe von außerhalb, von jemandem, der nicht in diese Probleme verwickelt ist und sie deshalb klarer sieht und aus seiner Erfahrung heraus Lösungsmöglichkeiten erkennen kann. Fällt es schwer, sich zu offenbaren oder erscheinen die Probleme durch einen selbst lösbar, dann liegt es vieleicht nahe, zu einem der vielen Selbsthilfebücher zu greifen.
Erna Hüls hat ein solches Buch geschrieben. Sein Titel verheißt eine gewisse Universalität. Und tatsächlich erfasst die Autorin so ziemlich alle Fälle, in denen im Leben Konflikte mit weitreichenden Folgen entstehen können. Ihre Praxis scheint ihr ein umfassendes Erfahrungspotential zur Verfügung gestellt zu haben, mit dem sie klug und einfühlsam umzugehen versteht.
Will man ihre Lösungsansätze nutzen, dann stößt man bei diesem Buch allerdings zunächst auf ein ganz praktisches Problem, denn seine Struktur besteht nicht aus thematischen Blöcken, in denen ein gewisser roter Faden es dem Leser einfach macht, sich zurechtzufinden. Vielmehr ordnet Erna Hüls ihre Ratschläge alphabetisch, beginnend mit A wie Anerkennung, Anfangen, Angst, Aufgaben und Ausreden bis Z wie Zeit und Ziele. Das macht die Suche nicht gerade einfach. Natürlich kann man sich das ganze Buch von vorne bis hinten durchlesen. Oder jede Woche ein Kapitel, wie es die Autorin empfiehlt. Bei dieser Methode wird man eine Reihe von Denkanstößen und klugen Ideen finden, wie man auch ohne schmerzende Probleme sein Leben vereinfachen oder straffen kann. Ob man sich allerdings aus einer solchen Situation heraus ein Coaching-Buch kaufen würde, ist eine ganz andere Frage.
Zu empfehlen wäre es vielleicht dennoch und in diesem konkreten Fall erst recht, denn die Autorin vermag es durchaus, den einen oder anderen Reiz zu setzen oder ein unterschwellig vorhandenes Unwohlsein mit gewissen Zuständen an die Oberfläche des eigenen Denkens zu bringen, selbst wenn nicht all ihre Vorschläge offene Türen vorfinden werden, weil sie ungewohnt sind oder manchem als leicht albern erscheinen werden. Wie etwa sich selbst Briefe zu schreiben.
Neben der etwas schwierigen Struktur dieses Buches erschwert auch ein grundsätzliches Problem den Erfolg eines Selbstcoachings. Es reicht eben nicht, wenn der eigene Verstand ein Problem erkennt oder Lösungsvorschläge akzeptiert. Leider ist unser Verstand ein trickreicher Geselle, denn er suggeriert uns bereits dann, dass wir etwas getan hätten und die Problemlösung auf einem guten Weg sei, obwohl wir noch nicht einmal damit praktisch begonnen haben. Uns geht es dann wie einer Murmel im Loch. Ist der Anstoß nicht groß genug, dann rollt sie ein paar Mal hin und her und danach zurück. Vielleicht haben wir auch einfach Angst vor dem, was nach dem Loch kommen wird, wenn wir es erst einmal verlassen haben. Solche Situationen beschreibt die Autorin recht oft in ihren 52 jeweils angenehm kurzen und deshalb sehr konzentrierten Kapiteln. Auf den Inhalt näher einzugehen ist unmöglich, weil er einfach zu vielfältig ist.
Es gehört zur Ehrlichkeit der Autorin, wenn sie direkt oder indirekt zu verstehen gibt, dass wirklich schmerzhafte Probleme oft nur durch einen außenstehenden erfahrenen Helfer lösbar sind. Sich wie Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen zu wollen, wird in der Regel schwer werden. Wie will man zum Beispiel hemmende Glaubenssätze erkennen, wenn man in ihnen gefangen ist? Oder wie löst man ein Beziehungsproblem, das sich mit der Zeit so verknotet hat, dass man es selbst oder mit dem anderen nicht mehr entwirren kann? Wenn man aus solchen Situationen keinen Ausweg mehr sieht, dann ist Erna Hüls sicher ein guter Ansprechpartner. Vielleicht ist ihr Buch ja auch so gemeint, denn es schafft vom Inhalt und vom Stil her Vertrauen.
Meine Bewertung ist keine Abwertung. Ich habe einfach mit der Struktur des Buches ein kleines Problem. Sie ist nicht besonders hilfreich. Nebenbei (und tatsächlich am Rande) bemerkt sollte man vielleicht bei einer Nachauflage die Zitate etwas anwenderfreundlicher gestalten. Sie sind im Text verschieden numeriert, mal hochgestellt und als Fußnote unten ausgewiesen, oder es steht einfach eine Zahl in Klammern mitten im Text. Im Quellennachweis am Ende des Buches fehlen jedoch solche Zahlen völlig. Insbesondere bei den eingeklammerten Zahlen muss man dann hinten abzählen, was ich als leicht unfreundlich empfunden habe.
"Der Verstand kann es begreifen, aber das alleine reicht nicht aus."