Cover des Buches Ready Player One (ISBN: 9783596702428)
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Rezension zu Ready Player One von Ernest Cline

Wie ein Treffen auf einem Rollenspielcon, wenn Nerds in den guten, alten Zeiten schwelgen.

von marcusjohanus vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ich bin durch und muss gestehen, dass der Roman mich mit gemischten Gefühlen zurücklässt.

Rezension

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marcusjohanusvor 6 Jahren

Kein Zweifel, »Ready Player One« ist der Traum eines jeden Nerds. Jedes Computer- und Automatenspiel, die SF- und Fantasy-Filmklassiker sowie Serienhits der Achtziger und alle Rollenspiele und Comics, die man sich vorstellen kann, spielen in diesem Roman mehr oder weniger tragende Rollen. Doch reicht das allein für ein packendes Lesevergnügen?

Der mittellose und nicht besonders attraktive Teenager Wade Watts lebt in einer nahen Zukunft, die sich von unserer Welt eigentlich nur marginal unterscheidet. Die Mittelschicht existiert nicht mehr. Fossile Energieträge sind rar geworden. Der Alltag der meisten Menschen ist trist und perspektivlos.

Wäre da nicht die OASIS, ein Art Mischung aus Facebook und World of Warcraft. Man kann in ihr nicht nur spielen und sich seine eigenen virtuellen Realitäten schaffen, sondern auch zur Schule gehen und eigentlich auch sonst so gut wie alle Aspekte seines Lebens verbringen.

Der OASIS-Gründer Halliday hat verfügt, dass nach seinem Tod eine Art virtueller Schnitzeljagd im Cyberspace darüber entscheiden soll, wer zukünftig seine Schöpfung und sein beträchtliches Vermögen verwalten darf.

Schwer zu erraten, dass natürlich niemand anders als Wade Watts antritt, um den von Halliday ausgerufenen Wettbewerb zu gewinnen. Doch dazu muss er nicht nur alle Rätsel lösen, die Halliday in der OASIS vorbereitet hat, und die alle tief in der Sub- und Popkultur der Siebziger bis Neunziger wurzeln, sondern auch die Gefährliche Konkurrenz der Hacker des Megakonzerns IOI ausschalten.

Einerseits bin ich Nerd und alt genug, um in die Nostalgie, die »Ready Player One« geballt auf den Leser loslässt, eintauchen zu können.

Es gibt praktisch nichts, was ich als Kind und Jugendlicher gesehen, gespielt oder gelesen habe, das nicht in »Ready Player One« auftaucht. Und, ja, das macht Spaß.

Andererseits bin ich kein PC-Spieler. Auch die frühen Spielekonsolen sind beinahe vollkommen an mir vorbeigegangen. Insofern kann ich gut nachempfinden, wie es Lesern geht, die nicht tief in der Nerdkultur stecken, an der sich Ernest Cline bedient.

Und das bedeutet, dass man leider bemerken muss, dass der Roman neben den Eastereggs nicht viel zu bieten hat.

Vor allem ist er nicht wirklich spannend.

Das erste Drittel besteht mehr oder weniger aus Infodump mit eingestreuter Handlung, in der Cline die Grundlagen seines World Buildings etabliert. Das ist teilweise nett zu lesen, vor allem weil Cline eine klare und lesbare Sprache verwendet, größtenteils aber auch sehr vorhersehbar.

Denn hier liegt für mich der Hase im Pfeffer: »Ready Player One« steckt so massiv voller Nerdkultur, dass sein Zielpublikum seine Handlungsstruktur sehr schnell durchschaut. Denn sie ist nun wirklich in vielen anderen dystopischen Jugendbüchern schon häufig da gewesen.

Andere Leser, die nicht tief in Clines‘ Welten stecken, und somit von dem Strickmuster seines Romans noch überrascht werden könnten, dürften jedoch mit den Eastereggs nichts anfangen können, was den Roman jedoch nahezu unlesbar macht. Jedenfalls mich hat der Roman recht schnell abgehängt und gelangweilt, wenn er zu tief in die PC-Spiele-Materie eingetaucht ist, für die ich mich schlichtweg nicht begeistern kann.

Mir fehlt eine weitere Ebene, ein raffinierter Kniff, der den Roman jenseits des Nerdtums interessant macht. So ist er halt nett. Aber gäbe es nicht den Hype um ihn und die Verfilmung, hätte ich ihn wahrscheinlich schon sehr schnell nach der Lektüre wieder vergessen.

Man merkt, dass Cline auch der Drehbuchautor von »Fanboys« ist, einen Film, den ich wirklich gerne mag, weil er gleichermaßen augenzwinkernd wie wertschätzend Star-Wars-Fans karikiert. Ernest Cline ist ein wirklich guter Erzähler, der sein Handwerk versteht. Das macht das Buch insgesamt immerhin kurzweilig und teilweise auch recht lustig.

Fazit:

Kaum ein zweites Buch hat mich nach der Lektüre so hin- und hergerissen hinterlassen, wie Ernest Clines »Ready Player One«.

»Ready Player One« ist kein schlechtes Buch. Der Roman ist aber auch kein tolles Buch. Er ist wie ein Treffen auf einem Rollenspielcon, wenn Nerds unter sich sind und zusammen in den guten, alten Zeiten schwelgen. Das muss man mögen, wenn man den Roman genieße möchte. Darüber hinaus hat er leider nicht viel zu bieten.

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