Assoziative Wortfülle
„Small talk ist für mich overload“.
So sieht der Ich-Erzähler die hier und da vorhandenen Notwendigkeit des Kontaktes mit anderen Menschen. Immerhin leitet er ein technisches Werk, immerhin muss er ab und an repräsentieren. Doch eine Überwindung ist es jedes Mal für ihn, Menschen widern ihn an. Viel lieber ist er in dieser geheimen Abteilung, von der nur er und sein Mitarbeiter Peter wissen- Wo S-Bots erprobt werden, wo KI im Mittelpunkt steht, wo den Robotern Schwarmaufgaben zugewiesen werden, die sie eigenständig zu erlernen haben. Was dauert und dauert, aber er ist geduldig, er staunt über die kleinen Fortschritte, er ist der Schöpfer einer neuen Welt. Wobei er dafür wiederum einen solchen unendlichen Schwall von Worten absondert, dass es tatsächlich von seiner Seite aus „overload“ wirkt.
Aber Menschen stören. Letztlich. Verunreinigen die kühle Reinlichkeit der Technik äußerlich und innerlich die Programmierung auf kooperatives Verhalten.
Ob er der einzige Überlebende wirklich werden kann? Es scheint zunächst so, denn selbst die engsten Menschen um ihn herum, Frau, Tochter, Kollege, mehr und mehr schlägt seine Begeisterung der Mitteilung in Misstrauen um und mehr und mehr müssen diese Menschen als Hindernisse betrachtet werden.
Was aber wäre dann „überleben“, zumindest in diesem Roman? Ein Weg, der in eine völlige Abschottung und Einsamkeit führt. Ein Weg, der nur mehr ganz auf sich fixiert ist. Was wundert es da, dass der Ingenieur, der Ich-Erzähler, Menschen schon seit geraumer Zeit gar nicht mehr an ihren Gesichtern erkennt, sondern sich Schablonen zeichnen muss.
„Wenn ich ein Gesicht zuordnen muss, für dass ich keine Kriterien habe, dann zeichne ich es im Geist auf einen Karo Block“.
Ja, der Mann mag skrupellos sein, er mag „aus dem Weg räumen“, er mag hineindriften in seine ganz eigene Welt in seinen geheimen Räumlichkeiten, aber das Ziel Händlers, die Gefahren dieses Stils, die Abwesenheit aller Moral und damit „den Kern des Bösen“ herauszuschälen, diese Absicht trägt sich dennoch nicht durch das Buch zum Leser.
Mehr als Mitleid mit der Hauptfigur und eine leichte Ratlosigkeit verbleibt kaum im Lesen der vielen, vielen hervorquellenden, herumirrenden Worte und Assoziationsketten. Dieses ganze misstrauische Denken und Prüfen, um möglichen „Verrat“ zu erfassen, diese innere Trennung von allem, das wirkt alles den einen Tick zuviel, um den Leser wirklich zu fesseln.
So, wie der Ich-Erzähler der Welt fremd gegenübersteht, so verbleibt der Leser diesem Mann ebenfalls fremd und fühlt sich manches Mal eher gestört durch die unendlich kreisenden Gedanken und Ergüsse, die sich auf den Seiten aus dem Kopf des Ingenieurs breit machen.
Sprachlich sicherlich mit Verve in den Raum geworfen, durchaus eine Aneinanderreihung kreativer Ideen und ein hier und da gelungenes Spiel mit den Emotionen des Lesers, der jene Fremdheit vor allem bei der Lektüre beginnt, in sich zu spüren. Aber wirklich packend oder gar realistisch anmutend verbleibt der „neue Schöpfergott einer technischen Welt“ nicht.
Alles in allem sprachlich, wie immer bei Händler, bildkräftig und prägnant „sprudelnd“, dennoch ein Buch, dass den Leser nicht wirklich innerlich erreicht und mitreißt.