Ernst Erich Noth

 4,7 Sterne bei 3 Bewertungen
Autor*in von Die Mietskaserne, Der Einzelgänger und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Ernst Erich Noth, Schriftsteller und Literarhistoriker in drei Sprachen und drei Ländern, erblickte sein Licht der Welt am 25. Februar 1909 in Berlin-Wedding, floh in der Nacht vom 4. zum 5. März 1933 vor Hitler ins Exil nach Frankreich, und weiter 1941 in die USA, kehrte 1963 nach Frankreich zurück und starb am 15. Januar 1983 in Bensheim an der Bergstraße.

Quelle: Verlag / vlb

Neue Bücher

Cover des Buches Ein Leben zum Erzählen (ISBN: 9783935333306)

Ein Leben zum Erzählen

Neu erschienen am 22.05.2025 als Taschenbuch bei glotzi.

Alle Bücher von Ernst Erich Noth

Cover des Buches Die Mietskaserne (ISBN: 9783935333047)

Die Mietskaserne

(1)
Erschienen am 01.05.2003
Cover des Buches Die Mietskaserne (ISBN: 9783935333252)

Die Mietskaserne

(1)
Erschienen am 17.04.2021
Cover des Buches Der Einzelgänger (ISBN: 9783935333092)

Der Einzelgänger

(1)
Erschienen am 30.05.2005
Cover des Buches Ein Leben zum Erzählen (ISBN: 9783935333306)

Ein Leben zum Erzählen

(0)
Erschienen am 22.05.2025
Cover des Buches Erinnerungen eines Deutschen (ISBN: 9783935333276)

Erinnerungen eines Deutschen

(0)
Erschienen am 11.10.2023
Cover des Buches Erinnerungen eines Deutschen (ISBN: 9783935333269)

Erinnerungen eines Deutschen

(0)
Erschienen am 10.02.2024

Neue Rezensionen zu Ernst Erich Noth

Cover des Buches Der Einzelgänger (ISBN: 9783935333092)
Sigismunds avatar

Rezension zu "Der Einzelgänger" von Ernst Erich Noth

Sigismund
Trotz seiner 90 Jahre noch immer aktuell

REZENSION
– Der Name des deutschen Schriftstellers und späteren Literaturwissenschaftlers Ernst Erich Noth (1909-1983) ist wie die Titel seiner Romane heutigen Lesern kaum noch bekannt. Umso höher ist es Herausgeber Lothar Glotzbach (67) anzurechnen, unter wirtschaftlichem Wagnis in seinem Glotzi Verlag die Werke Noths erneut herauszugeben. Dessen Romane wie sein Debüt „Die Mietskaserne“ (1931; Neuausgabe 2021), das den Bücherverbrennungen der Nazis zum Opfer fiel, sind auch 90 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung immer noch absolut lesenswert, lassen sie sich doch heute auch als Mahnung verstehen. Dies gilt auch für Noths zweiten Roman „Der Einzelgänger“ (1936; Neuausgabe 2005), den der damals 24-jährige Autor im Sommer 1933 nur wenige Wochen nach seiner Flucht aus Deutschland in Südfrankreich verfasste. Es war sein erster Roman im Exil und blieb für vier Jahrzehnte auch sein letzter Roman in deutscher Sprache, kehrte Ernst Erich Noth doch erst 1971 – seit 1941 amerikanischer Staatsbürger – nach Deutschland zurück.

In seinem intellektuell anspruchsvollen Roman „Der Einzelgänger“, den man in gewisser Weise als chronologische Fortsetzung seines Erstlings „Die Mietskaserne“ lesen kann, beschreibt Noth die Lebenssituation sowohl des Bürgertums als auch des Proletariats in den Jahren der untergehenden Weimarer Republik, vor allem aber die Stimmung unter der zum Aufbruch ins Erwachsenenleben bereiten Studentenschaft, jedoch mit „Angst vor der Zukunft, die keinen Arbeitsplatz verspricht“, in jener Zeit, die „ein Tummelplatz intoleranter politischer Dogmen“ ist. In jener wirtschaftlich und politisch unsicheren Zeit beginnt der aus einer kleinen Provinzstadt stammende Günther Stein, den wir Leser nun auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens begleiten, sein Lehramtsstudium in der großen Universitätsstadt.

Zum leichteren Verständnis des Romans ist es hilfreich, vorweg das achtseitige Nachwort von Herausgeber Lothar Glotzbach zu lesen, in dem dieser uns nicht nur die Person des 1909 als Paul Albert Krantz in Berlin geborenen und im März 1933 in die Emigration getriebenen Autors, sondern auch die historischen Zusammenhänge jener Weimarer Jahre näherbringt, unter deren Einfluss die Handlung des Romans „Der Einzelgänger“ zu verstehen ist: „Thema des Romans ist die deutsche Jugend, die im Kampf der Ideologien von links und rechts zu Parteigängern verkümmert oder, weil [wie sein Protagonist Günther Stein] unentschieden, zwischen diesen zerrieben wird.“

Während Gleichaltrige sich längst entschieden haben, will sich Günther Stein noch nicht festlegen, lässt sich mal von rechts, dann von links umgarnen, bleibt auf seiner Sinn-Suche und deshalb ein Einzelgänger. Doch in jener Zeit des Übergangs „von einer einst von Aufklärung und Humanismus geprägten Gesellschaft zur Massengesellschaft“ verliert der junge Student Günther Stein als „Schattenwesen in der Masse“ sein Existenzrecht. „Der unbändige Haß, der ihn umdrohte, als haßte man schon den Abseitigen, den, der wagte, eigene Wege zu gehen, der nicht willenlos verschmolz, keine Uniform trug, nicht einmal den uniformen Ausdruck von Empörung und Begeisterung zeigte.“

Natürlich sind die Jahre 1932/1933 längst Geschichte, und doch ist „Der Einzelgänger“ mit seinem Thema heute wieder aktuell: Wie viel ist der einzelne Mensch als Individuum in der heutigen Massengesellschaft wert? Wirtschaft und Politik sehen in ihm, so der Herausgeber in seinem Nachwort, in erster Linie den Konsumenten oder das Humankapital eines Unternehmens. „Der Einzelne als Mensch scheint in der Masse aufgegangen zu sein.“

Nicht nur hinsichtlich seines Inhalts ist „Der Einzelgänger“ ein absolut lesenswerter Roman. Auch sprachlich ist er ein Genuss – jeder Satz wohl formuliert, weit weg vom heute gern verwendeten Straßenjargon. Doch so wohltuend dieser genussvolle Gebrauch intellektueller Sprache ist, offenbart er zugleich das einzige, im Gesamturteil aber zu vernachlässigende Manko des Romans: Noths Männer des Proletariats drücken sich im Gespräch ebenso formvollendet aus wie altgediente Professoren. 

Cover des Buches Die Mietskaserne (ISBN: 9783935333252)
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Rezension zu "Die Mietskaserne" von Ernst Erich Noth

Sigismund
Immer noch nachhaltig berührend

REZENSION – Nach Lektüre des bereits 1931 erstveröffentlichten Romans „Die Mietskaserne“ von Ernst Erich Noth (1909-1983) muss man dem Glotzi Verlag für die Neuausgabe als Taschenbuch im Jahr 2021 ausdrücklich danken: Dieser Roman des damals erst 22-jährigen Berliner Schriftstellers ist ein einzigartiges, trotz seines Alters noch unverändert beeindruckendes Zeitdokument über die ärmliche und erbärmliche Lebenssituation des einstigen Großstadt-Proletariats in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, zusammengepfercht in maroden Hochhäusern ohne jeglichen Komfort. Der junge Autor schildert in seiner eindrucksvollen Erzählung, die im Mai 1933 als „undeutsch und schädlich“ den Bücherverbrennungen der Nazis zum Opfer fiel, den „Überlebenskampf seiner Kindheits- und Jugendjahre mit seinen Gefährdungen und Verwirrungen“ (Nachwort). Es ist zugleich der Kampf eines in der Mietskaserne zwischen engen Mauern, streitenden Eltern und niederem Milieu „eingesperrten“ Oberschülers auf der verzweifelten Suche nach einem besseren Leben in Freiheit.

Der 22-jährige Autor hatte zur Veröffentlichung seines bald nach Erscheinen in sechs Sprachen übersetzten Bestsellers statt seines bürgerlichen Namens Paul Albert Krantz das Pseudonym Ernst Erich Noth gewählt, war er doch drei Jahre zuvor als Angeklagter im Steglitzer Schülermordprozess in die Schlagzeilen geraten: Im Juni 1927 hatte der Oberschüler Paul Krantz mit zwei Freunden verabredet, sich wegen unglücklicher Liebesgeschichten gegenseitig zu erschießen. Die beiden Freunde starben, nur Krantz, der die Pistole besorgt hatte, führte die Tat dann doch nicht aus. Als Gutachter stufte der berühmte Sexualforscher Magnus Hirschfeld den damals 18-Jährigen als „sexuell unterentwickelt und geistig überentwickelt“ ein. Dies scheint zutreffend gewesen zu sein, charakterisiert doch Noth im Roman seinen Protagonisten Albert ebenso. Dieser Selbstmord aus Liebeskummer und Verzweiflung ist im Roman nur verschlüsselt zu finden, weshalb die Kenntnis davon wichtig ist.

Die beiden in der Mietskaserne befreundeten Volks- und späteren Oberschüler Albert und Walter stehen gleichsam für das gespaltene Alter Ego des Autors Noth. Beide fühlen sich als Gymnasiasten nicht mehr dem proletarischen Milieu der Mietskaserne zugehörig, aber ebenso wenig zum Kreis der wohlhabenden Mitschüler aus dem Villen-Viertel. Sie fühlen sich allein gelassen, denn auch im Elternhaus spüren sie statt Liebe nur Gewalt und psychischen Druck („Du sollst es doch mal besser haben.“). Beide wollen ausbrechen: „In die Welt. Dahin, wo es schön ist – wo dieser Dreck nicht ist, diese Menschen.“ Auf ihrer verzweifelten Suche nach einem richtigen Lebensweg finden sie keine Hilfe, da auch die Eltern-Generation nach dem verlorenen Krieg ein hoffnungsloses Dasein fristet, wie der Beamte im Jugendamt gesteht: „Da sitzt man. Schuftet bis zum Weißbluten. Wofür im Grunde? Man hat viel verloren, Albert Krause – sehr viel.“ Auch Alberts Vater gibt seinem Sohn spät – viel zu spät – seine eigene Verzweiflung zu erkennen: „Rauf. Ja, wir wollen alle rauf. … Du darfst uns nicht verachten, Albert, uns alle nicht. Sieh mal, dieses Haus, lauter arme Menschen. Arme Menschen! Wir leben alle hier.“ Und dann fordert er seinen an Literatur begeisterten Sohn auf: „Schreib mal hiervon, von dem Haus.“

Ist der Roman „Die Mietskaserne“ aus dem Jahr 1931 also nur ein historisches Zeitdokument? Keineswegs! Die äußere Kulisse mag verschwunden sein, aber die geschilderten Probleme nicht: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird aktuell wieder größer und die Zahl in Armut aufwachsender Kinder wächst. Auch die Probleme Pubertierender werden, gemessen an der Zahl therapeutischer Behandlungen, auffälliger. Im Roman lässt sich Walter von seinen Gefühlen leiten und gibt auf, doch Albert folgt seinem Verstand und macht weiter. Er zeigt uns, dass man den Ausbruch und neuen Aufbruch schaffen kann. So macht der Roman trotz aller damals im Stil der Neuen Sachlichkeit authentisch und in knappen Sätzen eindringlich geschilderten Probleme uns am Ende doch Mut. „Die Mietskaserne“ ist ein beeindruckender, ein berührender, am Ende aber tröstlicher Roman, der nicht nur Erwachsenen, sondern auch Heranwachsenden zur Lektüre empfohlen werden kann – nein, empfohlen werden muss.

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