Cover des Buches Wiener Herz am Sternenbanner (ISBN: 9783868410969)
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Rezension zu Wiener Herz am Sternenbanner von Ernst Kaufmann

Das Leben des Bruno Granichstaedten - lebendig geschildert

von mabuerele vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Lebendig geschriebene Biografie über einen Wiener Komponisten!

Rezension

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mabuerelevor 8 Jahren

Der Regen tropft gegen das Fenster, als ein Mann in New York über seine Leben nachdenkt. Seine Heimatstadt Wien musste er verlassen. Sein Sohn Felix wurde im dritten Reich inhaftiert.

Nach diesem kurzen Prolog wechselt die Geschichte ins Jahr 1879. In Wien wird ein Junge geboren, den seine Eltern Bruno nennen.

Der Autor hat eine ausführliche und abwechslungsreiche Biografie des Komponisten Bruno Granichstaedten geschrieben. Nicht nur die gekonnte Zusammenstellung der Fakten, auch der gewählte Schriftstil machen das Lesen zum Vergnügen. Es ist kein trockener Roman, sondern er zeichnet sich aus durch seine lebendige Erzählweise.

Die ersten Jahre des Komponisten werden in lockerleichter Art mit einem Schuss feinem Humor dargestellt. Sie reichen von der Kindheit und Jugend bis zu den ersten Erfolgen, aber auch Niederlagen. Obwohl es im familiären Zusammenleben Spannungen gab, wusste Bruno seine Mutter immer an seiner Seite. Anton Bruckner hat das musikalische Talent des Jungen erkannt und gefördert. Dann gab es Menschen an seiner Seite, die ihm für seine Entwicklung die nötigen Freiräume gaben. Besonders genannt sei hier Professor Carl Reinecke, Direktor des Leipziger Konservatoriums.

Ab 1936 wird die bedrückende Situation deutlich. Die Tatsache, dass Bruno kurz nach der Geburt in der katholischen Kirche getauft wurde, ändert nichts daran, dass er für das neue Regime ein Jude ist und bleibt. Spätestens nach der Besetzung Österreichs sind jüdische Künstler nicht mehr gefragt. Die Sprache wird ernster. Während die Tochter Johanna nach Amerika ausreist, verschließt Bruno noch die Augen vor den Gefahren. Doch dann wird Rosalie, die neue Frau an seiner Seite, bedroht. Spätestens nach Beendigung der Internierung ist die Angst in den Worten spürbar und mit Händen greifbar. Guten Freunden haben sie die Flucht nach Luxemburg und mit Kriegsbeginn nach Amerika zu verdanken. Doch der Neuanfang ist schwierig. Alte Erfolge zählen nichts mehr. Wider wechselt der Schriftstil. Einerseits zeigen die Worte beeindruckend die depressiven Phasen des Protagonisten, andererseits blitzt ab und zu sein feiner Humor auf. Doch selbst der beinhaltet eine Spur von Bitterkeit.

Das Buch enthält nicht nur die wesentlichen Lebensstationen von Bruno Granichstaedten. Es erzählt aus seinem Familienleben und beschreibt detailgenau seinen Arbeitsstil beim Komponieren, der bis zur Erschöpfung ging. Viel Wert legt der autor darauf, herauszuarbeiten, wo Bruno Granichstaedten neue Wege beschritt. Die Entstehung der wichtigsten Werke werden genauso thematisiert wie Niederlagen und Schwierigkeiten. Die Person Bruno Granichstaedten wird in all seiner schöpferischen Vielfalt als Musiker, Komponist, Librettist und Kabarettist dargestellt.

Jeden Kapitel vorangestellt sind Originaldokumente oder Fotos aus den entsprechenden Jahren. Kursiv eingefügt in die Biografie sind Kritiken aus Zeitungen. Dabei hat sich der Autor auf die wesentlichen Stellen beschränkt.

Dem Buch vorangestellt ist ein Vorwort von Professor Herbert Prikopa. Im Nachwort des Autors wird dargelegt, wie es zum Schreiben des Buches kam.

Ergänzt wird die Biografie durch eine Zeittafel, ein umfassendes Werksverzeichnis, Kurzbiografien von Familie und Wegbegleitern, die Auflistung der Theater mit den uraufgeführten Werken und Quellen und Bildnachweisen.

Das Cover mit dem Notenblatt und der amerikanischen Flagge passt zum Inhalt des Buches.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag an dem angenehmen Schreibstil, der exakten Recherche des Autors und den vielfältigen Informationen über Bruno Granichstaedten. Gleichzeitig wird unterschwellig vermittelt, dass Rassismus und Krieg nicht nur Leben zerbrochen haben, sondern Kunst und Kultur bleibenden Schaden zufügten.


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